Subject: am 13. Oktober 2015 From: Ernst Meyer Date: Tue, 13 Oct 2015 20:38:39 -0400 To: Bernd Strangfeld Liebe Gertraud, lieber Bernd, Vielen Dank für Eure Geduld mit meinem zwanghaften Berichterstatten von Margarets Sterben. Heute Abend ist sie wahrscheinlich bewusstlos. Zwar hab ich nicht versucht sie zu wecken oder gar wachzurütteln, - denn nur der traumlose Schlaf erspart ihr die Leiden der Hilflosigkeit und des Schmerzes. Meinerseits bin ich dankbar für die Gelegenheit sie in den Monaten, eigentlich sind es Jahre, ihrer Krankheit zu betreut zu haben. Sie hat mich viel von Leben und Sterben gelehrt; und von der Sprache, von dem Wort über das sie fast bis zuletzt, bis vor etwa vier oder fünf Tagen mit erstaunlicher Vielseitigkeit verfügte. Als ich ihr den Kopf gerieben hatte um das Jucken zu beheben, sagte sie: Thank you, that was luxurious. Heute Mittag, als sie auf Anrede schon längst nicht mehr reagierte, und ich sie auf Stirn und Mund küsste, trat zwischen den geschlossenen Augenlidern ein einziger Tränentropfen hervor. Mit ihr verheiratet zu sein war ein dreiundsechzig Jahre währendes Wunder. Jetzt überflutet Dankbarkeit jegliche Trauer. Bleibt zufrieden, gesund, und so glücklich wie es das Schicksal erlaubt. Euer Jochen