Subject: Weihnachts-und Neujahrswünsche From: "Bernd Strangfeld" Date: Sat, 24 Dec 2016 13:24:27 +0100 To: Ernstmeyer Lieber Jochen, auf unserer Terrasse tummeln sich Dompfafen, Distenfinken und Amseln, wobei letztere mal wieder einen schlechten Eindruck machen, weil sie nicht mitansehen können, wie andere Vögel sich an Futter delektieren. Mistviecher! Aber gesangsmäßig unerreicht, daher mus man ihnen immer wieder verzeihen. Mir scheint, dass Dir nicht wichtig war, Weihnachten zu feiern.Aber das schönste aller Feste bleibt es trotzdem, finde ich, wenn es auch schon lange im wesentlichen von der Erinnerung lebt. Dieses Jahr kürzen wir es ab, indem wir am 26.12. nach Lübeck fahren, wo wir für 2 Wochen om Herzen der Altstadt ein Häuschen gemietet haben, eines der "Ganghäuser". Näheres werden wir wohl an Ort und Stelle erfahren. Wir wollen den 50.Jahrestag unserer Eheschließung nicht trübe in Kierspe verbringen und uns hinterher ärgern, und so haben wir uns nach längeren Überlegungen, die sich mit Neuseeland und dem Inarisee (Finnland) befassten, für etwas Näheres, Einfachereres entschieden. Damals lebte auch unsere Katze noch, die wir, krank wie sie war, nicht so lane allein lassen wollten. Nach Lübeck hätte sie mitkommen können. So haben wir dieses Jahr keinen Weihnachtsbaum. Zweifel an diesem schönen Brauch beschlichen uns auch, als wir auf einem längeren Spaziergang Mengen von Tannen-Plantagen entdeckten, die ja regelmäßig gespritzt werden. Aber einen Plastikbaum möchten wir auch nicht. Es gibt HoLz-Baumähnliches nach skandinavischem Vorbild - glaube ich-, aber auch das fühlt sich nicht richtig an. In St.-Pierre haben wir Kiefernzweige im Haus verteilt. Naja, wenn man sonst keine Sorgen hat! Aber die hat man natürlich, angesichts all des hellerlichten Wahnsinns überall in der Welt. Praktisch wäre es, wenn man ein schlichtes, vertrauendes Gemüt hätte. So muss man sich auf die Kraft des Verdrängens verlassen. bernd ist dabei, einen "Festtagssalat" zu bereiten, dessen Rezeptur wir, schon seit vielen Jahren, dem fabelhaften vegetarischen Kochbuch einer Amerikanerin namens Anna Thomas entnehmen.Wir finden es schwierigk nur für uns allein, ohne Familie oder Freunde oder sonstigen Besuch, die altvertrauten Rituale einzuhalten. Tun wir es aber nicht, fehlt Entscheidendes. Immerhin werden wir das traditionelle Hexenhaus mit den Figuren der Hexe, Hänsel und Gretel, Rehen und Tannen, alle von meiner Mutter mit Laubsäge und Farbe hergestellt, aus dem keller holen und aufstellen. Fromm waren wir ja nie, aber sehr traditions-und märchenliebend. Bernd, der dergöeichen zu Hause nie erlebt hat, hat unsere Gepflogenheiten mit Begeiserung kennen-und lieben gelernt und besteht darauf stärker als ich, die ich nach dem Tod meiner Mutter beinahe alles weggeworfen hätte, aus Trauer über das endgültige Ende unserer Familie. Der allermieseste Amselmann vertreibt sogar das Rotkehlchen von den gestreuten Haferflocken, unerhört! Man müsste die Sprache der Vögel kennen und ihn kräftig zurechtweisen. Mistkerl! Und leider kein besserungsfähiger verzauberter Prinz. Was Du für Jeanne getan hast, finde ich sehr erstaunlich und großartig Jeannes Gemüt möchte ich allerdings nicht zu nahe kommen. Sie scheint sehr lebenspraktisch zu sein, und in Dir hat sie ja den richtigen Wohltäter gefunden. Hat sie Dich wenigstens gebührend gewürdigt?? Nach Nantucket wage ich gar nicht zu fragen. Als düsteres Lehrbeispiel ist diese ganze Sache wohl zu gebrauchen, aber mehr als bühnenreife Absurdität. Wie hältst Du das bloß durch? Du sagst, Du nimmst es philosophisch und wetzt Deinen Sinn für Humor scharf daran. Hoffentlich gelingt das auch weiterhin! Trotz allem wünschen wir Dir frohe Weihnachten und ein friedliches neues Jahr , in dem Dir gelingt, was Du schon nicht mehr erwartet hattest! Viele herzliche Grüße von Deinen Gertraud und Bernd.