Subject: Ziemlicher Winter From: "Bernd Strangfeld" Date: Sun, 17 Dec 2017 13:35:19 +0100 To: Ernstmeyer Lieber Jochen, danke für die Übermittlung Deines briefes an Herrn Nielsen! Eine traurige Bilanz eines langen Lebens - ist das so? Ich möchte dazu nur eine technische Bemerkung machen, die Wortstellung in der 2. Zeile des ersten Gedichtes betreffend: Solche Umstellung bleibt im literarisch gestimmten Halse stecken. Du bist doch gewandt genug, um dafür andere Lösungen zu finden, denke ich mir. Ähnlich in der 2. Zeile der 2. Strophe desselben Textes. Vielleicht bastelst Du noch ein wenig daran? Vielleicht sollte ich besser gar keinen Kommentar geben, denn vielleicht kränkt er Dich doch. Das soll er nicht, sondern nur zur Vervollkommnung anregen. Mich wundert, dass Du Dich als arbeitslos bezeichnest, denn im Brief davor schriebest Du doch von dem schriftlichen Nachlass Deiner Kusine (das tut mir wirklich leid, ihr Tod, denn Ihr habt Euch doch sehr gut verstanden und intensiv Gedanken ausgetauscht), den Du durcharbeiten, sortieren wolltest. Du meintest, das werde Dich lange beschäftigen. Sicher gehst Du dabei wieder weit zurück in die Vergangenheit und wirst vieles finden, das Dich tief beschäftigt. Vielleicht kann daraus ein neuer Roman entstehen, in dem Du Deine Empfindungen organisierst? Das Leben in Kierspe findet gedämpft statt, das liegt am Wetter. Für Euch ist das ja nichts Neues und Ungewohntes, wenn viel Schnee vom Himmel fällt, aber wir hier hatten solche Möglichkeiten schon fast vergessen und sind verblüfft über die Unermüdlichkeit, mit der wir beschneit werden. Leider bei unpassenden, da zu hohen Temperaturen (typisch für unsere West-und Höhenlage, 400 m, da reicht es oft nicht zu winterlicher Beständigkeit). Von drinnen sieht es schön aus, aber draußen fühlt es sich matschig und unstet an. Bernd ist gerade los, sein Orchester (Lüdenscheider Kammerorchester) nimmt Teil an einem Wohltätigkeitskonzert für eine Behinderten-Einrichtung.Das Jahreskonzert findet erst im Mai statt. Bernd ist aber eingeladen zu einem Treffen von allerlei Musikern aus verschiedenen Richtungen, die 5 Tage zusammen üben und dann das Ganze mit einem Konzert krönen. Alles findet statt vom 2.-7. Januar in einem neuromanischen Kloster namens Gerleve im Münsterland. Die Noten sind schwierig, Bernd übt schon eifrig und ist sehr begeistert. Ich glaube, Haydn und Dvorak. Wolltest Du nicht vor einiger Zeit mit Klemens nach Nantucket fahren? Du hast das nicht mehr erwähnt. Vielleicht ist Dir das Thema allmählich auch zu widerwärtig. Also, Du brauchst es nicht zu erwähnen! Diese Jahreszeit ist mühsamer als andere, finde ich. Man muss sehr im Konkreten, Praktischen bleiben, um nicht zu verzagen. Ich werde noch ein paar Karten und Briefe schreiben, mit guten Wünschen zu den bevorstehenden Festen, nur so aus Freundschaft, und später in die hiesige Kirche (5 Minuten zu Fuß) zu einem Chorkonzert gehen, das von verschiedenen Gruppen gegeben wird, dem Oberstufenchor unserer ehemaligen Schule, dem Männerchor Kierspe und dem seit 25 Jahren existierenden Chor, der von einem hochmusikalischen früheren Kollegen geleitet wird. Wir wünschen Dir milde Temperaturen und frohe Gedanken! Liebe Grüße, Gertraud und Bernd.