19970409.01

     Was die Ethik betrifft, so gilt es ganz am Anfang sich des
Widerspruches bewusst zu werden, schon von Platon sehr klar
formuliert, zwischen dem wonach die Menschen meinen, dass sie
streben sollten, und dem wonach die Menschen tatsaechlich
streben.  Es ist, denke ich, ein Mangel, wenn nicht gar eine
grobe Luege, zu uebersehen, dass die Menschen tatsaechlich nicht
nach Tugend streben sondern nach Macht; und dass sehr oft, wenn
nicht gar meistens, auch die Vorstellung der Tugend in den Dienst
des Machtbeduerfnisses gespannt wird.

     Waere es nicht vernuenftig, eh man sich in Regeln verlaeuft
darueber was die Menschen tun sollten, dass man erforschte und
sich klar vor Augen hielte, was sie tatsaechlich tun, und wofuer
sie ihr Leben opfern?  Dazu gesellt sich dann unmittelbar die
Frage ob es die Aufgabe der Ethik sein soll festzustellen was
ist, oder festzustellen was sein soll.  Im letzteren Falle
draengte sich die weitere Frage auf, mit welcher Autoritaet man
von den Menschen ein bestimmtes ethischen Sollen verlangte.

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