19970409.02

     Es ist tunlich die Philosophie als eine Art Dichtung zu
verstehen, ein Schrifttum welches an sich unwesentlich ist (of
little substance); ihre Bedeutung aber aus der geistigen
Taetigkeit, aus dem Leben, aus dem Erleben das sie stiftet,
bezieht.  Daraufhin ergibt sich die Frage, ob denn zwischen der
Philosophie als Dichtung und der Wissenschaft ein absoluter
unbedingter Unterschied besteht. Zuerst moechte man meinen, dass
dies der Fall waere; sobald man aber das Unverstandene, das
Unerklaerte, das vielleicht sogar Unerklaerbare in der
Wissenschaft bedenkt, und hinzu die Tatsache, dass die
Wissenschaft trotzdem befriedigend ist, dann liegt es nahe zu
versuchen auch die Wissenschaft als eine dichterische Taetigkeit,
als eine Art (Species) Invention, Erfindung zu erklaeren zu
versuchen. Und dieser Versuch ist, wie mir scheint, groessten
Teils erfolgreich.  Denn die Bestaetigung der Wissenschaft ruht
ja auf ihrer gesellschaftlichen Annehmbarkeit und keineswegs auf
einer Korrespondenz oder gar Identitaet mit Wirklichkeit oder
Wahrheit.

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