19970415.00
Ich sehe es jetzt klarer als zuvor was meine Neigung zu
Literatur und Philosophie mir einst bedeutete: einen Pfad zur
Inwendigkeit, zur Subjektivitaet, zum Selbstsein, ein Bestreben
das mir heute zugleich hoffnungslos und vernuenftig erscheint.
Auch ist in der unausgesprochenen Annahme ein groszes
Miszverstaendnis verborgen, dasz der Weg durch die Literatur,
durch die Kunst, als der Weg hinein in die Innerlichkeit sich
zugleich als ein Weg nach auszen, in die Gemeinschaft erweisen
moechte. Wohl bemerkt, dasz die Sprache als Phaenomen und als
Erlebnis eine derartige Annahme nahe legt. Vielleicht gelingt es
uns auch hin und wieder, mittels des Gedankens, mittels des
Gedichtes, ein Band zu dem Freund, ein Band zu den Mitmenschen
und zur Menschheit im allgemeinen zu knuepfen. Ein solches Band
aber bleibt immer vorlaeufig, (temporary and tentative), denn
seine Staerke ist beschraenkt, und es erweist sich zu schwach um
die Stuerme der eigenen Gefuehle wie auch das Chaos der
gesellschaftlichen Anomie zu baendigen.
Darum ist jede kuenstlerische Taetigkeit, auch die
glaenzendste, mit dem Hauch der Trostlosigkeit umbenebelt. Denn
in seinem Schaffen sucht der Kuenstler das Unerreichbare; und die
Enttaeuschung ist unvermeidlich. Dasz diese Enttaeuschung
verdeckt und verhehlt wird, dasz nur die "Erfolgreichen" auf der
Buehne des Lebens ihre Persoenlichkeit feiern und feiern lassen,
das versteht sich von selbst. Es gilt dies Schicksal zu
erkennen, zu begreifen, aber keineswegs zu beklagen. Denn wie so
manche Beschwerde: dadurch, dasz man sie erkennt, wird man von
ihr erloest.
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