19970425.00
Sobald Gott seiner Objektivitaet beraubt wird, sobald Gott
zum Bestandteil des subjektiven Kosmos erniedrigt oder erhoeht,
vergroessert oder verkleinert wird, verwandelt er sich in einen
anderen. Der objektive Gott wird abgetan und an seiner Stelle
ersteht der subjektive Gott.
Die Verdraengung Gottes aus der objektiven Welt, seine
Abschaffung als objektives Wesen, ermoeglicht, wie wir laengst
wissen, die restlose Rationalisierung des Kosmos. Zugleich hat
die Einbuergerung Gottes in die Bereiche der Subjektivitaet als
die erste Folge deren unendliche Erweiterung. Denn aus der engen
tiefen dunklen Herzensgrube wo man es sich bisher vorstellte,
entspringt das subjektive Ich in eine Welt die sich unendlich
weit in Raum und Zeit erstreckt. In dieser subjektiven Welt,
nunmehr bestimmt oder etwa regiert von zwei Maechten, Gott und
Ich, wird manches objectiv Unmoegliche moeglich, z.B. das ewige
Leben; und manches objectiv Moegliche oder gar Notwendige, wie
etwa "Naturgesetze" wird belanglos, wenn nicht gar unmoeglich.
Jedenfalls wird mit der Einfuegung des Goettlichen in die
Subjektivitaet, oder mit der Ausdehnung der Subjektivitaet auf
das Goettliche, wird auch das Ich, welches bisher mit Subjekt
synonym war, in seiner Stellung zugleich verstaerkt und
verunsichert. Wenn bisher das Ich, von seiner Abgeschnittenheit
umfriedet, nach eigenem Gutduenken zu schalten und walten
vermochte, so ist es nunmehr eingeengt, eingefercht durch das
Goettliche, welches das Ich mit den unmoeglichsten Anspruechen
behelligt. Waere es da vielleicht nicht besser gewesen einsam
und abgetrennt zu bleiben, den Tod zu fuerchten und die Hoelle,
und verstohlen die Hoffnung zu hegen auf ein ewiges Leben.
Dergleichen Kinderphantasieen sind aber nun, seit Gott Subjekt
wurde, unmoeglich geworden.
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