19970521.00

     Mitteilung ist die Uebertragung von Denkungsart.  Das Denken
ist an Begriffen, ist an Worten verankert.  Die Bedeutung der
Worte ist aber mehr oder weniger unbestimmt, und sie mitzuteilen
erfordert oftmals eine Neubestimmung oder gar eine Umbestimmung
ihres Sinnes.  Ein solches Umdeuten von Worten spielt bei Platon,
etwa im Sophistes, eine grosse Rolle, so auch bei Aristoteles,
zum Beispiel in der grossen Ethik.

     Man nimmt ein Wort, zum Beispiel Schopenhauers "Wille", oder
Kierkegaards "Subjektivitaet" und zwingt ihm eine neue Bedeutung
auf.  Man behauptet die Welt is Wille, oder die Subjektivitaet
ist die Wahrheit, und besteht auf diesen Begriffsbestimmungen
gaenzlich zuwider dem herkoemmlichen Gebrauch des Ausdrucks.  Mit
solchen Gewalttaetigkeiten wird in der Welt nichts geaendert,
aber der Leser wird zum Denken gezwungen und sein Erleben wird
entsprechend erweitert und verwandelt.

     In Hinsicht auf solche Umdeutung ist Mitteilung auf dem
Gebiete der sogenannten Philosophie, von Mitteilung auf anderen
Gebieten nur im Ausmass unterschieden, nicht in der Art.  Wann
immer wir ein Wort benutzen geben wir ihm, kraft unseres eigenen
Erlebens eine Bedeutung die von der herkoemmlichen Bedeutung
unterschieden ist, wenn auch nur um ein sehr Geringes. Zugleich
sind wir bestrebt den Sinn in dem wir den Ausdruck gebrauchen so
eng wie moeglich an die ueberlieferte Bedeutung zu knuepfen, um
die Verstaendigung ueberhaupt zu ermoeglichen.  Je unklarer die
Begriffe, desto notwendiger erscheint es bekannte Worte mit neuen
Bedeutungen zu bekleiden.

     Dergleichen Bemuehungen haben ihre Grenzen.  Wenn naehmlich
der erweiterte Begriff dem urspruenglichen zu weit entfernt
liegt, dann wird der Vergleich anstoessig, unueberzeugend, und
der Leser wehrt sich gegen ihn.  Liegt der modifizierte Begriff
aber dem Urspruenglichen nahe genug, dass er selbstverstaendlich
ist, dann sind auch die vermittelten Einsichten unbedeutend.

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