19970623.00

     Es liegt ein gewisser Widerspruch in unzulaenglichkeit  der
Vorstellung, dasz das theoretische Denken, die Philosophie,
leidenschaftslos, sich jenseits der Auswallungen der Gefuehle
abwickeln sollte.  In dieser Beziehung hat die Philosophie so
manches von der Theologie zu lernen, insofern sich die Theologie
nicht in Leidenschaftslosigkeit verirrt hat indem sie
irrtuemlicherwiese versucht haette, es der Philosophie
nachzumachen.  Die Leidenschaft aber ist nicht zu umgehen.  Es
ist aber nicht, dasz die Leidenschaft beim sogenannten
wissenschaftlichen Denken vollkommen ausfiele, im Gegenteil, es
ist nur die Darstellung, das Begreifen der Welt, die Deutung des
Erlebens, das leidenschaftslos zu sein beansprucht, und daraufhin
verdichtet sich das Denken zu logisch bestimmten, zu fixierten
Gebilden.  Es wird zum Wissen, und dieses Wissen wird zu
epistemischen Vorschrift, die veraeuszerlicht, gelernt, die
auswendig gelernt werden musz.  Und diese Verinnerlichung des
Wissen, sie ist es der dann die Leidenschaft abgeht, sie ist es
woran der Mensch leidet und woran er zuweilen auch scheitert.
Daher waere es vielleicht guenstiger die Leidenschaft auf das
Begreifen zu verlegen, und die Verinnerlichung des Begriffenen
und objektiv Dargestellten auf sich beruhen zu lassen.  als ein
weiteres Teil der Welt zu akzeptieren, das letzten Endes
auszerhalb dem Menschen liegt und das zu verinnerlichen er keine
tieferen Verpflichtung hat, als zu der Verinnerlichung all der
anderen Gegebnheiten und Gegenstaende der Welt.  Da ist die
Verfertigung von Bildern und anderen geistigen Gegenstaenden oder
Gefuegen, deren Herstellung oder Perpetuation, und deren Deutung,
ein hervorragendes Mittel die Welt zu begreifen, aber doch nur
Mittel, und das eigentliche Begreifen, die eigentliche Homoiosis
vollzieht sich im Unbewuszten, mittels lediglich des
Zusammenseins, der einfachen Angleichung des Menschen an die
Welt.  an die Gegebenheit welch ihn jeweilig umgibt.

     Das Prinzip, die Grundlage der biologischen Entwicklung, ist
die Angleichung; insofern als die Funktion den Umstaenden folgt,
und die Funktion sich aus den Umstaenden ergibt.  Die Struktur
(Gestalt) ist der Ausdruck der Funktion.  Ererbt wird nur die
Anlage.  Die Anlage aber bleibt rudimentaer wo sie keiner Wirkung
ausgesetzt wird.

     Es ist schoen und gut so einfach hinzusagen, die Welt sei
Vorstellung, und sich dabei zuweilen zu vergegenwaertigen, was
damit gemeint sein moechte.

     Ungleich schwieriger aber ist es sich dessen von Augenblick
zu Augenblich von Stunde zu Stunde und von Tag zu Tag bewuszt zu
bleiben, was es denn eigentlich meint, dasz die Welt Vorstellung
sein sollte.

     Die Begrenztheit und Beliebtheit dessen was sie uns bietet,
was sie uns vorstellt unmittelbar an uns herankommen zu lassen.
Denn dieses ist nicht etwas das sich ein paar Ausfuehrungen
aufzeichnen laeszt, nicht etwas, dem ein Protkollsatz genugtun
kann.

     Die Welt als Vorstellung: das ist ja eine private
persoenliche Welt, welche sich in einer privaten, persoenlichen
Vorstellung kund gibt; diese private Vorstellung beansprucht nun
auch eine oeffentliche zu sein oder zu werden; eine Verwandlung
welche, wenn man sie ueberlegt eine Absurditaet ist oder ein
Kunststueck, oder etwas kuenstliches Gemachtes und
Unnatuerliches; es sei denn, dasz man, umgekehrt, die
gemeinschaftliche, oeffentlich objektive Darstellung als
wirklich, bestimmend, entscheidend ausgibt.  Es spiegelt sich
also in der Frage nach individueller, subjektiver oder
oeffentlicher Vorstellung die ganze Problematik von
Subjektivitaet und Objektivitaet.

     Die gesellschaftliche Vorstellung eine kuenstliche Erfindung
und dass eine gemeinsame Vorstellung eine geistige Erfindung
eines jeden Einzelnen ist, welche obgleich unentbehrlich, darum
doch nicht weniger willkuerlich und kuenstlich ist.  Wenn ich
also von einer allgemeinen Vorstellung spreche, dann spreche ich
von einer Vorstellung von einer Vorstellung, und wo doch sofort
beweisbar ist, es keine allgemeine Vorstellung gibt, weil jeder
nur seine eigene Vorstellung hat und haben kann. Weil die
Vorstellung jeweilig die eines Einzelnen ist und bleiben musz.
So bedarf der Einzicht dass die Welt Vorstellung ist, der
Einuebung, der fortwaehrenden und andauernden Einuebung und ist
in dieser Hinsicht kaum unterschiedlich von anderen notwendigen
Einuebungen, so wie einerseits im Bereich der Wissenschaften,
andererseits aber im Bereich des Glaubens geschehen.

     Der zweite Teil der Abhandlung, naemlich jene welche den
Willen (des Einzelnen) als Welt, als Ding an sich, bezeichnet,
finde ich weit schwieriger.  Es besteht aber eine gewisse
Parallele zwischen der Behauptung, dass die erkannte Welt nichts
als meine Vorstellung ist, und dass der empfundene Wille nicht
mein eigener sondern Teil oder Ausdruck eines Weltwillens ist.
So wie die Erkenntnis als Vorstellung die Wirklichkeit der Welt
herabsetzt, und fuer die Verlaesslichkeit der Erkenntnis
zerstoererisch aufloesend ist; so ist wiederum als Spiegelbild
dieser Aufloesung die Satzung des eigenen Willen als
Universalgeschehen die Begrenzung, die Aufloesung, die
Wiederrufung der individuellen Persoenlichkeit; Die Verwischung,
die Aufhebung der Grenzen des persoenlichen Seins.  Beide
widestreben uns.  Es widerstrebt die vermeinte Wirklichkeit der
Welt als vorgestellt anzuerkennen.  Es widerstrebt eben so sehr
und ist eigentlich noch schwieriger zu begreifen, dasz diese
Subjektivitaet zuletzt ein Zeichen, ein Ausdruck der Natur ist,
so wie anorganische Bestandteile unserem Koerper zugrunde liegen.
So ist die Erkenntnis des Willens als universeller Bestandteil
der Welt durchaus vergleichbar mit der Aufloesung des Willens im
mystisch Goettlichen.  Die Frage ergibt sich dann von selbst,
nein, sie draengt sich auf, wie sich dieser Wille dieser von
schopenhauer postulierte Inbegriff des Subjektiven, zu dem
verhaelt was sonst in der philosophischen Literatur als das
Goettliche bezeichnet wird.  Schopenhauer selbst will ja
scheinbar vom Goettlichen nichts wissen. Aber in so fern es
besteht, und insofern die schopenhauersche Philosophie das
menschliche Erleben begreift und erschoepfend oder jedenfalls
genuegend beschreibt, kann man nicht umhin eine Aequivalenz zu
postulieren.  Insofern die Gleichung gueltig ist, sollte sie dazu
dienen zugleich Wesentliches ueber den Gottesbegriff zu
offenbaren und Wesentliches ueber den schopenhauerschen Begriff
des Willens.

     Wann immer man die Namen zweier Denker einer dem anderen
gleichsetzt, wann immer man es unternimmt die Gedanken des einen
durch das Denken des anderen zu erklaeren, dann schaudert mirs. I
cringe whenever one undertakes to compare two authors, for it
seems to me that such comparison is the clearest possible
evidence that one understands neither.  That one presumes to
understand one author in terms of another implies that one in
fact understands neither.  Implicit in this rejection of
comparisons is the assumption that each author is unique, that
the task is not to establish an objective array but to plumb the
depths or to scale the heights of the individual's i.e. the
author's understanding of his world and of himself.  This
endeavor is limited, however, by the circumstance that the work
of each author derives its meaning from a reality which is beyond
him, a reality which though reflected in his experience is
nonetheless separate from it.  And the reason for studying an
author in the first place is to ascertain that reality through
the author's experience and perhaps also to understand the author
as part of that reality.

     In this perspective the comparison of two authors takes on a
different meaning as soon as one looks to the reality beyond.
Then the thoughts of these authors resemble simultaenous
equations, which have but a single solution; a solution however,
which cannot be found from a single equation but requires them
both. In this context, the comparison of two authors with a view
to ascertaining the single reality to which they both refer is
like the solution of simultaneous equations.

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