19980527.00
Wenn er betruebt war, dann hat Papa zuweilen sich zur Trauer
und uns zum Mitleiden die Frage nach dem Sinn des Lebens
gestellt.
Die Frage schon setzt zwei Bestimmungen voraus, erstens,
dasz dem Leben ein Sinn inbegriffen sei, und zweitens, dasz Worte
diesen Sinn zureichend darzustellen vermoechten.
Ob dem Leben auszerhalb dem Gemuet des Einzelnen ein Sinn
eigen sei ist eine Frage der Theologie; denn ein solcher Sinn
waere goettlicher Geist; und das Vertrauen auf einen solchen
Weltsinn waere Glauben an Gott, waere die Affirmation, die
Bestaetigung Gottes.
Da bin ich, kaum dasz ich es gewahrte, bei Kierkegaard's
Einsicht angelangt, die Krankheit zum Tode sei nicht das Sterben,
sondern die Verzweiflung, die Glaubenslosigkeit, der Verlust des
Lebenssinnes.
Es ist irrtuemlich, anzunehmen, dasz es zur Wahl stehe, ob
das Leben Sinn habe oder nicht, ob das Leben mit oder ohne Sinn
zu genieszen sei. Leben und Sinn sind untrennbar.
Moeglich, dasz zuweilen der Einzelne den Sinn seines Lebens
nicht zu erkennen vermag, oder ihn verleugnet. Das geht auf das
Gleiche hinaujs. (That amounts to the same thing.) Eine solche
Unfaehigkeit den Sinn zu begreifen ist die Krankheit, ist die
einzige Krankheit, ist die Krankheit zum Tod; dies ins besondere,
da die gewoehnlichen Krankheiten die vermeintlich zum Tode
fuehren sollten, insoweit der gewoehnliche Tod seine
Bedrohlichkeit verloren hat, ungefaehrlich sind. Sinnlosigkeit
ist ununterscheidbar vom Tod. Den Sinn des Lebens bejahen heiszt
Gott bejahen. Den Sinn des Lebens leugnen, heiszt Gott leugnen.
Mir scheint auch, dasz Gott keiner anderen (weiteren)
Bestaetigung bedarf als die des Lebens; und darueber hinaus, dasz
Bemuehungen eine weitere Bestaetigung Gottes, eine Bestaetigung
Gottes ueber das Leben hinaus, zu bewirken, - zu behaupten, - zu
beanspruchen: sinnlos, sinnwidrig, sinnzerstoerend sind, und
dementsprechend das Gegenteil zur Folge haben: statt Gott zu
loben, Gott verschmaehen und verleugnen; weil sie (die
irrtuemlichen Bemuehungen) es sich nicht an der
(wahren)(wirklichen) Wesenheit des Goettlichen genuegen lassen.
Es wird hierbei klar, dasz so wie der Sinn des Lebens stets
der Sinn meines Lebens, also ein individueller, ein einzelner,
ein persoenlicher sein musz, so auch das religioese Erleben, das
diesem Sinn entspricht. Weshalb der Zwang zu einem gemeinsamen
Gottesdienst so zermuerbend ist, indem er die persoenliche
Sinnerkenntnis (Sinnerfassung) untergraebt.
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