19980607.02
Die erbaermlichen (pathetischen) Versuche, die arrogante,
anspruchsvolle Verwegenheit der Neurochemie und Neurophysik die
Psychologie werden wollen beduerfen keines weiteren Kommentars.
Sie widerlegen, widersprechen sich selbst.
Auch in anderer Richtung haben sich die Versuche den Menschen zu
begreifen als vergeblich erwiesen. Es ist offenbar, dasz es der
Psychoanalyse nicht gelungen ist zu einer stichhaltigen
Psychologie zu werden. Nach wie vor bleiben Wesen von Geist und
Seele unbeschrieben, ich war im Begriff zu schreiben, unerkannt,
aber das waere unrichtig. Vieles kann vom Einzelnen erkannt und
erlebt werden, das dennoch nicht ausgesprochen werden kann, oder
genauer gesagt, das unverstanden bleiben musz, weil es
ausdruecklich unmitteilbar und in so fern unverstaendlich ist.
(because it cannot be made explicit and is therefore not
susceptible to being communicated.
Vergleichbar mit dem Wesen des Geistes steht es mit dem
Wesen der Gesellschaft. Es ist zwar viel ueber die Soziologie
geschrieben worden, und grosz ist die Zahl der Professoren die
mit der Soziologie Ruhm und Reichtum erwerben die vom Anschein
soziologischen Wissens profitieren; aber wenn man genauer
hinsieht so wird es klar, dasz sie ueber die Erlebnisse des
Einzelnen in Bezug auf seine Mitmenschen garnichts sagen, oder
nur wenig, und nur abweichend (tangentially).
Bedeutsam schon die vielen Ausdruecke fuer das vermeinte
Wissen: in Bezug auf den Einzelnen: Psychologie, Physiologie,
Anthropologie In Bezug auf das Aggregat der Einzelen: die
Menschheit (Plurality): Soziologie, Politik, Wirtschaft.
All dies Wissen zielt auf das was offenbar ist, das von
mehreren erkannt zu werden vermag. Was nur dem Einzenen erlebbar
ist, das heiszen sie idiotisch: davon schweigen sie alle.
So wie das Inwendige, das Individuelle nur nebenbei
(tangentially) zufaellig als Mitgeteiltes verstanden wird, nur in
der Dichtung, nur als Gedicht, nur als dessen persoenliche,
subjektive Deutung; so wird auch das Gesellschaftliche, - ich
wollte sagen, das Erlebnis, des Einzelnen von seinen Mitmenschen,
von der Gesellschaft, nur als Gedicht, nur als persoenliche,
subjektive Deutung begriffen.
Dabei draengt sich die Frage auf: Ist nicht-individuelles,
ist kommunales Verstaendnis moeglich? Mir scheint, dasz dies der
Fall sei. - nur eben nicht bei Denkern oder Dichtern. Etwa beim
Soldaten in der Armee, im Chor, im Orchester: auch die Schule
geht darauf hinaus, das Gemuet des Einzelnen dem geistigen
Gesamtunternehmen der Menschheit unterzuordnen; und die
ausgesprochenen und unausgesprochenen Konflikte der Ausbildung
(education) besonders der hoeheren, bezeugen dies.
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