20011231.00
Was ist der Sinn des Lebens? Der Sinn des Lebens ist
das Leben selbst. Aber schon die Stellung der Frage bezeugt
einen Mangel. Denn dass gesunde Leben bestaetigt sich
selbst.
Ziel oder Aufgabe, das Bestreben sollte sein die
Selbstbestaetigung des Lebens zu ermoeglichen, zu
erleichtern. Darin liegt, das bedeutet einen aufgeklaerten
Eudaimonismus.
In einem Sinne stimmt es, dass der Mensch egoistisch
ist, dass er egoistisch sein muss, weil er sich selbst am
naechsten ist: weil er ausser sich selbst, keinem Wesen nahe
zu kommen vermag. Dennoch aber ist der Mensch in eine
Kette, isty in ein Gewebe, in ein Netz gebunden,
hineingeflochten, von welchem er unbedingt abhaengig ist, in
welches ihn eine unbedingte Abhaengigkeit bindet. Wird er
sich dieser Beziehungen gewahr, so erweitert sich sein
Egoismus unvermeidlich in einen Altruismus, wobei die
Grenzen dieses Altruismus unbestimmt sind, und die Noete
seiner besonderen Lage widerspiegeln. Des einen Altruismus
beschraenkt sich auf einen einzigen Freund, auf einen
einzigen Lebensgefaehrten. Oder der Altruismus ist
beschraenkt auf die Familie, auf Eltern oder Kinder, auf
einen engen Freundeskreis; oder auf das Volk, auf den Staat,
auf die Religionsgemeinde; moeglicherweise sogar auf die
gesamte Menschheit.
Die Bibel befiehlt die Liebe des Naechsten; beantwortet
die Frage, Wer ist mein Naechster? mit einem Gleichnis,
welches andeutet (suggests) dass ein jeder Mensch der in dem
Wirkungskreis eines Anderen erscheint dessen "Naechster" ist
Die Antwort auf die Frage also wem denn die Naechstenliebe
gebuehrt liegt in dem Verstaendnis, in der Phantasie, in der
Vorstellungskraft des der Liebe Pflichtigen. Und in sofern
jedenfalls ist das biblische Gleichnis mangelhaft, dass es
die Tatsacxhe uebersieht, dass der Priester und der Levit
die an dem Verwundeten teilnamslos vorueber gingen, ihn
nicht als einen Hilfbeduerftigen sahen, ihn nicht erkannten.
Somit ist die Frage nach der ethischen Verpflichtung in eine
Frage der Erkenntnis, in eine Frage der Sensibilitaet
verwandelt, ganz wie bei Sokrates und seinen Griechen. Die
fehlerhafte Handlung entspringt der geistig-seelischen
Blindheit. So ist auch der Unfreiheit des Willens die ihr
gebuehrende Rechenschaft abgelegt. Denn wo die Handlung von
der Erkenntnis bestimmt wird, da ist der Wille unmoeglich
frei. Tatsaechlich bestaetigt die Begruendung der Handlung
in der Erkenntnis, im Wissen, die Unfreiheit des Willens.
Uebrigens ist ein "unfreier Wille" ein Oxymoron, denn ein
unfreier Wille ist ueberhaupt kein Wille.
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