20070203.00
Es ist ein weiter Sprung (a large leap) von der
Erkenntnis und dem Verstaendnis des eigenen Wissens zum
Begreifen des Gesellschaftswissens. Wie erklaere ich mir -
und euch - den Ausdruck und das Phaenomen: "Wir wissen." Das
"Wir wissen" nennt man gelaeufig: die Wissenschaft.
Vorgeblich hat Kant beansprucht in seiner Kritik der reinen
Vernunft diese Frage: Wie ist Wissenschaft moeglich? zu
beantworten. Aber entweder kann ich ihn nicht verstehen,
oder er schreibt daneben. (his exposition is beside the
point)
Zum ersten muss bemerkt sein, dass auch die
Wissenschaft, das Gesellschaftswissen, mir unmittelbar wird
nur als mein eigenes Wissen, und muss demgemaess als
Erweiterung, als Ausdehnung, als Besonderung dieses Wissens
betrachtet werden.
Ich habe verschiedentlich darauf hingewiesen, dass bei
aller Individualitaet und Inwendigkeit, das Denken des
Menschen moeglich ist nur mittels der Sprache, und dass die
Sprache ihrem Wesen nach ein Erzeugnis des Zusammenlebens
der Menschen ist. Das Gesellschaftswissen ist als
Erweiterung der Sprache zu verstehen; es ist mit
vergleichbarer Macht und mit vergleichbaren Beschraenkungen
behaftet.
Das subjektive Wissen hat seine offensichtlichen
Grenzen. Warum sollte das objektive (gesellschafts) Wissen
nicht aehnliche Grenzen aufweisen? Und wie es tunlich und
erbaulich ist die Begrenzung des eigenen Wissens zu
verstehen, so auch die Grenzen des Allgemeinen.
Wie ich als Einzelner an der Sprache teilhaben, sie
notwendigerweise jeweils immer nur zum Teil beherrschend,
so habe ich als Einzelner auch an der Wissenschaft (am
Weltwissen) teil, und auch dies "beherrsche" ich als
Einzelner nur in unvollstaendiger, fragmentarischer Weise.
Des Einzelnen Wissen erhaelt seine Bestaetigung durch
Wiederholung und unmittelbares Erleben. Das
gesellschaftliche Wissen hat aehnliche Anhaltspunkte,
welche jedoch, wie die des individuellen, keineswegs
widerspruchsfrei sind. Ich denke an das demokratische
Prinzip, die Uebereinstimmung der Menge: wahr soll sein
woran wir alle glauben. Ich denke an das aristokratische
Prinzip, wahr soll sein die Uebereinstimmung der Besten,
der Elite, der Wissenden: wahr soll sein was die
Professoren als solches anerkennen. Doch lediglich sie
auszusprechen, besagt wie hinfaellig auch diese
Feststellungen des vermeintlich Wahren sind. Man hat
keine Wahl als sich nicht nur mit der Unbestimmtheit,
sondern auch mit der Unbestimmbarkeit des
gesellschaftlichen Wissens abzufinden.
* * * * *
Zurueck - Back
Weiter - Next
2007 Index
Website Index
Copyright 2007, Ernst Jochen Meyer