20071202.00
Die Antworten auf die Fragen: Was ist Erkenntnis? Wie
ist Erkenntnis moeglich? sind, nicht aus begrifflichen
Beschreibungen zu schoepfen, sondern aus dem Vorgang
(Verlauf, process) des Erkennens selbst. Man vergleiche
die Frage um das Erkennen mit den Fragen: Was ist Sehen?
Was ist Hoeren? Was ist Denken? Was ist Erinnern? So zu
fragen ist Unsinn. So unsinnig wie dem Blinden die Farben
zu beschreiben, oder dem Tauben den Klang und die Melodie
ist es den Verlauf des Erkennens begrifflich zu eroertern.
Am Bezeichnendsten fuer die Fehlerhaftigkeit des
Erkennens ist die scheinbar unwiderstehliche Neigung, (der
scheinbar unwiderstehliche Drang,) idealisierend in den
Bereich des Unwissbaren, des Unerkennbaren zu uebergreifen.
Zu beanspruchen zu wissen was man nicht weiss, und was
(letzten Endes) unwissbar ist. Die gueltigste Antwort auf
die Erkenntnisfrage ist kognitive Zurueckhaltung. Diese
kognitive Zurueckhaltung ergibt sich: 1) aus dem
Bewusstsein der tatsaechlichen Beschraenkung des gewusstsen
auf das unmittelbare Bewusstsein, und 2) aus dem
Verstaendnis dass es die Eigenschaft des menschlichen
Geistes ist sich das anderweitig Unbekannte und Unkennbare
mittels der Einbildung vorzustellen. Die Antwort auf die
Erkenntnisfrage ist, das Bewusstsein und das Wissen von
seiner Begrenzung.
Demgemaess ist die Aufgabe der Erkenntnistheorie nicht
die Erweiterung oder Vertiefung des Wissens um die
(objektive) Welt; vielmehr ist die Aufgabe der
Erkenntnistheorie die Erweiterung und Vertiefung des
Verstaendnisses vom (subjektiven) Geist. Dieses
Verstaendnis vom (subjektiven) Geist bezieht sich 1) auf
des Geistes Empfindlichkeit und Abhaengigkeit von einer
anderweitig unzugaenglichen Wirklichkeit, und 2) auf des
Geistes Erfindung einer vorgestellten Welt.
Die bedeutende Einsicht, welche Schopenhauer entging,
ist dass der Mensch, ohne dass er es wuesste, ohne dass er
sich dessen bewusst wird, von seiner (unmittelbaren)
Umgebung beeinflusst, gestaltet, und geformt wird. Das
Phaenomen der Amblyopia ex Anopsia, welches beweist, dass
die Gesichtskraft durch die Aussenwelt gestaltet wird; das
Erlernen einer Sprache ausschliesslich dadurch, dass man
sie hoert, i.e., dass sie einem von Aussen begegnet, sind
Beispiele welche die unbedingte Abhaengigkeit des Menschen
von seiner Umwelt bezeugen.
Die Wirklichkeit ist in der Tat unmittelbar zugegen,
sie enthaelt (entzieht) sich dem menschlichen
Erkenntnisvermoegen, es sei denn in der geschwaechten und
entstellten Gestalt der Vorstellung.
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