Subject: AW: Ueber Kunst II From: Cristina Basili Date: Mon, 2 Oct 2017 19:08:46 +0000 To: Ernst Meyer X-Account-Key: account2 X-UIDL: 11e7-a7a5-386e4ea2-9df0-00212814a2f0 X-Mozilla-Status: 0001 X-Mozilla-Status2: 00000000 Status: U Return-Path: Received: from mx-mastin.atl.sa.earthlink.net ([207.69.195.29]) by mdl-afraid.atl.sa.earthlink.net (EarthLink SMTP Server) with SMTP id 1DZ65RXY3Nl36X0; Mon, 2 Oct 2017 15:09:31 -0400 (EDT) Received: from EUR01-VE1-obe.outbound.protection.outlook.com ([40.92.66.12]) by mx-mastin.atl.sa.earthlink.net (EarthLink SMTP Server) with ESMTP id 1DZ65g7xy3Nl34h0 for ; Mon, 2 Oct 2017 15:08:54 -0400 (EDT) DKIM-Signature: v=1; a=rsa-sha256; c=relaxed/relaxed; d=hotmail.com; s=selector1; h=From:Date:Subject:Message-ID:Content-Type:MIME-Version; bh=vKjsPqlQCButhLsP9GrmarhOlhLw387CUyhKJjy/4DI=; b=lxC2hnsGyvj04d1cTd7DHLEuV5tz/UQOj0i0TA6Q68xzwnYjzl21cOPbWxkPyoyDfVJ1H/ar5PANfkkqyVrPcueKNFl3xQtZRR9vTJAuoFyGV+IL28GLnzyb3gePQKjQNKEgElHOp0CrXokt8NCqFXcGsmgB0BmBr5haDw1gcNC4ozkA8PVndJebJ3lRMePmYwHNp7AvKT4/9YsB96dg3wcxTDXE8i58+293mg9lcREN6wpYzI1KkDoyk0JG6WbcP8Whg6QMlMTpCF0FlwU7bP/nQqi92g+6oqUqskSsCKc5IdhEPKiecXyvHkk9OoeAyZ57P8PaDyG+tzVMEMft5A== Received: from DB5EUR01FT014.eop-EUR01.prod.protection.outlook.com (10.152.4.58) by DB5EUR01HT075.eop-EUR01.prod.protection.outlook.com (10.152.5.158) with Microsoft SMTP Server (version=TLS1_2, cipher=TLS_ECDHE_RSA_WITH_AES_256_CBC_SHA384_P384) id 15.20.56.11; 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Nun, da wir uns einig über den Wert der Kunst sind, möchte ich mir darüber Gedanken machen, wie man als Künstler leben sollte. Ich lese gerade die (nicht sehr vielen) Briefe Rainer Maria Rilkes "an einen jungen Dichter". Rilke betont in diesen Briefen immer wieder, wie wichtig die Einsamkeit, das Alleinsein vorzugsweise inmitten der friedlichen Natur für den Kunstschaffenden ist. Er sagt, das Kunst das Resultat einer "Wendung nach innen" ist und ein "Kunstwerk gut ist, wenn es aus Notwendigkeit entsteht". Ich verstehe diese Ansicht bis zu einem bestimmten Grade, ich kann sie sogar sehr gut verstehen und nachvollziehen. Ich weiß, dass ein Künstler Inspiration in sich zu suchen hat und ein Künstler kreativ von sich aus ist, aus Notwendigkeit. Aber ich weiß auch, dass ein Künstler sehr menschlich ist und obwohl ich auch weiß, dass Menschen eine hohe Zivilisation erreicht haben, weiß ich auch, dass Menschen eigentlich Herdentiere sind. So genial auch ein menschlicher Künstler von sich aus sein mag, er oder sie ist trotzdem ein soziales Herdentier, auch der introvertierteste aller genialen Künstler ist ein Herdentier. Ja, ich weiß, dies ist kein schöner Begriff um den Menschen zu beschreiben, aber ein sehr wahrer, finde ich. Das Alleinsein, besonders inmitten der Natur, in einem Wald zum Beispiel, führt bestimmt zu innerem Frieden, der wiederum gute Inspiration entstehen lässt, durch diese wir dann künstlerisch kreativ werden können. Aber es gibt auch die Inspiration von außen. Ein anderer Ausdruck für diese ist die Lehre. Wir lernen von unseren Mitmenschen. Und die guten Dinge, Theorien, Gedanken, Fakten, die wir von ihnen lernen führen auch zur Inspiration und Kreativität. Um etwas zu kreieren, sollten wir nicht davor lernen, was es sonst so auf der Welt schon gibt? Lernen kann man von so vielen Quellen. Von der Natur, von Reisen, von Begegnungen mit Fremden, vom Zusammensein mit Freunden, von Unterhaltungen mit lebenden Menschen, von Ausseinandersetzung mit Texten und Werken der Verstorbenen, ja sogar von Tieren kann man lernen. Solange man lebt, denke ich, lernt man. Aber meine Frage, deren Bejahung ich sehr bezweifle: Werden wir weise genug geboren, um von uns aus, ohne all zu viele Einflüsse von außen ein guter Künstler zu werden? Natürlich verstehe ich, dass Rilke nicht der Meinung ist, ein Künstler solle ungebildet sein. Ganz im Gegenteil empfiehlt er das Lesen zweier Bücher: die Bibel ist das eine und das andere sind die Bücher Jens Peter Jacobsens. Kennst du seine Werke? Sollte ich sie tatsächlich lesen? Ich kann mich leider nicht daran erinnern, dass sein Name in den 12 Jahren in denen ich in Schulen und Gymnasien gebildet wurde, auch nur einmal erwähnt wurde. Rilke empfiehlt die “sechs Novellen” und danach den Roman “Niels Lyhne”. Aber vielleicht sollte ich stattdessen Ernst Meyers Romane lesen, wie meinst du? Die wärmsten und herzlichsten Grüße aus dem Westen, Deine Cristina Von: Ernst Meyer Gesendet: Montag, 07. August 2017 23:53:37 An: Cristina Basili Betreff: Ueber Kunst II Liebe Cristina, Indem ich meinen jüngsten Brief an Dich überblicke, bemerke ich mit Erstaunen und einem Anflug von Schrecken die englische Anrede "Dear" statt des abgenutzten und gewissermaßen verlogenen deutschen Wortes "Liebe", das ich, wenn es wahr wäre, nie eingestehen dürfte, - oder doch ? Bekanntlich ist "dear" eine Übersetzung von "teuer" und als solche in der Sprache des Reichs der Ladenbesitzer (nation of shopkeepers) nicht unangebracht. Ob Du selber vorziehst lieb zu sein, oder teuer, sei Dir überlassen. Meinerseits war ich so müde, dass ich die erste Fassung meines Briefes unwillkürlich auf Englisch schrieb, und dann bei der Übersetzung die Verdeutschung der Anrede übersah. Selbstverständlich verstehe ich was Du im Sinn hast, wenn Du über Kunst schreibst. Wie wenig ich selber von der Geschichte, vom Bau, vom Spielen des Cellos weiß, wird mir klar wenn ich den entsprechenden Wikipedia Eintrag im Internet lese. Bei einer so großen Entwicklung Deines Instruments, hast Du guten Grund den Ausdruck "Kunst" ausschließlich für Dich und Dein Instrument und Dein Spielen in Anspruch zu nehmen. Andererseits, finde ich ist die Betrachtung des Begriffs Kunst in weiterer Perspektive nicht zu verschmähen. Ich möchte eine Unterscheidung ausprobieren zwischen der Kunst des Aufführens, vornehmlich der Musik einerseits, und der Kunst des Dargestellten, des Bildes und des Erzählten andererseits; wobei ich bereitwillig zugebe, dass die beiden Künste sich vielfach überlagern. Die Bedeutung dieser Unterscheidung erkläre ich aus der Tatsache, dass die Kunst der Darstellung von Moses als Götzendienst verboten wurde, indessen die Musik erlaubt wurde und gepriesen, denn Moses begutachtete dass beim Auszug aus Ägypten seine Schwester Mirjam nach der Durchquerung des Schilfmeers den Freudentanz und den Gesang der Frauen anführte, wobei sie als Prophetin bezeichnet wurde (Ex 15,20-21), tatsächlich aber als Vorgängerin von Benjamin Zander fungierte. Dass das Bilderverbot ein schicksalhafter Fehler war, hat und hätte Jahwe nie zugegeben; aber dass sein Sinn unbeständig war, - vielleicht litt er an Depressionen wie andere Menschen, - ergibt sich aus der Geschichte: ins Paradies, raus aus dem Paradies; sie alle ertränken, aber dann doch nicht alle; hinein nach Ägypten, 'raus aus Ägypten; den eigenen Sohn in die Welt schicken, von den Menschen töten zu lassen, dann wieder auferstehen und in den Himmel fahren lassen! Welche Unbeständigkeit. Vergleichbar: Bilder unter keinen Umständen, aber dann doch das befohlene Abbilden der ehernen Schlange, deren Anblick gegen tödliches Gift immunisiert oder von ihm heilt. Bei dieser Gelegenheit bekam auch ich die Erlaubnis Wortbilder zu malen, Geschichten zu erfinden. Meine Romane sind meine ehernen Schlangen. 6 Da sandte der HERR feurige Schlangen unter das Volk; die bissen das Volk, dass viele aus Israel starben. 7 Da kamen sie zu Mose und sprachen: Wir haben gesündigt, dass wir wider den Herrn und wider dich geredet haben. Bitte den Herrn, dass er die Schlangen von uns nehme. Und Mose bat für das Volk. 8 Da sprach der Herr zu Mose: Mache dir eine eherne Schlange und richte sie an einer Stange hoch auf. Wer gebissen ist und sieht sie an, der soll leben. 9 Da machte Mose eine eherne Schlange und richtete sie hoch auf. Und wenn jemanden eine Schlange biß, so sah er die eherne Schlange an und blieb leben. – Num 21,6-9 So gechah die Einführung der bildenden Künste ins menschliche Leben. Demgemäß betrachte ich alle Künste, Musik und Literatur einbegriffen, als unentbehrliche lebenserhaltende Aufgaben des Menschen. Dein Jochen