Liebe Cristina, Wieder einmal, um Dich nicht zu belästigen, hatte ich mich entschlossen das unvermeidbare Schreiben an Dich aufzuschieben bis ein Brief von Dir mich versicherte, dass Du vielleicht doch bereit seist, weiteres von mir zu lesen. Aber die Schreibwut ließ sich nicht völlig unterdrücken, und kam in dem englischen Brief an meinen Schwager Alex McPhedran, von dem ich Dir eine Abschrift sandte zum Ausdruck. Er ist der 89 Jahre alte Bruder meiner verstorbenen Frau mit dem zusammen ich das Abitur machte, sowie auch das Universitäts- und Medizinstudium, während dessen seine ältere Schwester sich in mich verliebte und, in dem sie mich heiratete, mich schließlich vor mir selber rettete. Er ist Neurologe geworden und hat jahrelang in Augusta, der Hauptstadt von Maine praktiziert. Alex, seine Eltern und seine Geschwister haben es mir nie vergeben dass ich ihnen ihre Schwester entführte, aber jedenfalls gemäß meiner Behauptung, in keine Unterwelt. (vgl. Sonett 19). Ein wesentliches Thema jenes Briefes an Alex McPhedran ist die Sprache, die Bekenntnisse eines der bedeutendsten amerikanischen Kritiker des 20. Jahrhunderts, Francis Otto Matthiessen, als F.O.Matthiessen bekannt und gepriesen. Ich bedenke was ich aus diesen Bekenntnissen zu lernen vermöchte, - über die Sprache selbst, insofern sie das Erleben erleuchtet und insofern sie das Erleben überhaupt erst schafft. Ich bedenke was ich aus diesen Bekenntnissen über das Erleben dieses hoch intelligenten äußerst gebildeten und doch so einsamen Gelehrten zu lernen vermag, und über die Beziehungen, über die Freundschaft dieser beiden künstlerisch empfindsamen und begabten Menschen. Ich bin betreffs der Verhältnisse von Matthiessen zu seinem Freunde Cheney, ein völlig Unerfahrender, ein Suchender ohne jegliche Vorstellung was ich finden möchte. Meine nächste Aufgabe ist mich in Deinen Brief zu vertiefen. Ich werde ihn jetzt gleich noch ein oder zwei Mal lesen, und dann werde ich ihn über Nacht bedenken und vielleicht beträumen, und morgen während des angekündigten großen Schneesturms werde ich Dir drüber creiben und mein Gemüt wird sich pfauenartig vor Dir spreizen. Jetzt aber ist es Zeit zum Träumen. Gute Nacht. Dein Jochen