Wie sich im Laufe der Jahre das Leben, das Denken, das Schreiben verwandelt, so auch dieser Netzort. Die früheren Vorworte sind überholt, und eine weitere Einführung in diese Dokumentensammlung ist angemessen. Ursprünglich stellte ich mir das Kunstwerk als außerordentliches vom Künstler geschaffenes Gebilde und als solches als wenn nicht eine anerkannte so doch eine erkennbare Brücke zwischen Innen und Außen, zwischen Subjektivität und Objektivität. Schon im Anfangskapitel meines Romans, Die Andere, - hinterher als Döhring umbenannt - erkläre ich meine Vermutung dass der unbedingte Wert des Kunstwerks nicht als Abglanz von Platons unbedingter Schönheit verstanden werden muss, sondern Ergebnis einer gesellschaftlichen, will sagen, einer politischen Auswahl, welche ich statt als göttliche Eingabe, nur als Zufall, als Ergebnis von Wirtschaftsumständen, als Ausdruck von Gesellschaftsdynamik zu erklären vermag. Mit dem Ergebnis, dass jede Gestalt als Kunstskulptur, dass jede Zeichnung als Kunstgebilde gesehen, dass jeder Satz als Strophe eines Gedichts gehört or gelesen werden kann, mit anderen Worten, dass die Veredlung zur Kunst ein Geschäft des Blickenden, Hörenden, Lesenden oder des anderweitig Genießenden ist. Selbstverständlich habe ich mich bei diesen Überlegungen gefragt, ob sie mehr sein möchten als saure Trauben mit denen ich mich um meine unzulängliche künstlerische Begabung täusche und tröste. Es ist mir unmöglich diese Frage zu beantworten. Und nun das dritte, und bisher letzte Stadium meiner schriftstellerischen Bestrebungen ist eine Zusammenstellung all der unveröffentlichten Dokumente welche Rahmen und Inhalt meines Geisteslebens darstellen. Was ich zusammenstelle betrachte ich als ein literarisches Museum, wovon nicht vorauszusagen ist, für wen, außer mir selber, meine Funde von Interesse sein möchte, und wer, wenn irgendjemand, es besuchen wird. Aus diesen Bemühungen ergibt die Problematik des Museums: Nach welchen Kriterien sollte ich aussuchen was sehens- older betrachtungs- oder lesenswert ist? Wie soll ich die Pflicht des Geheimhaltens dessen was im Vertrauen mir oder anderen mitgeteilt wurde, vereinbaren mit der Notwendigkeit zu veröffentlichen, wo Veröffentlichung die Bedingung jeglicher kulturellen Überlieferung ist? Das ist ein Widerspruch den zu enträtseln mir bis jetzt nicht gelungen ist.