Liebe Margret, Dank für den Kalender, für die schmackhafte Schokolade, und besonders für den Brief der mit so viel Gleichmut von dem nicht unbeschwerlichen Winter mit Handgelenkbruch und Lungenbeschwerden berichtet. Und nun die bevorstehende Wanderung durchs Wattenmeer! Mag auch dies Abenteuer sich Deinen Wünschen gemäß abspielen. Von mir ist eigentlich nichts zu berichten als das Alter das sich mir zunehend und unerbittlich aufdrängt. In zwei Monaten sind es achtundachtzig Jahre. Dabei zögere ich mit dem Schreiben, obgleich es mir nicht weniger leicht fällt als je. Im Rückblick meine ich, dass ich zuviel geschrieben habe, mit nur einem Leser, nähmlich mir selber. Kein Wunder dass mich die unaufhörliche Darstellung meiner Gefühle und Gedanken zu langweilen begonnen hat, und dass ich kein Bedürfnis fühle als zu schlafen und die Träume von der Vergangenheit zu träumen, Träume die mir so lieblich und lindernd durchs abendliche Gedächtnis schweben wie rosa Wolken in den Strahlen der sinkenden Sonne. Dass es bald dunkel sein wird, bekümmert mich nicht, geschweige denn dass es mich beängstigte. Dir und Deiner Familie, sense ich meine, wenn auch zaghaften, Frühlingsgrüße. Jochen