Lieber Jürgen, Deinen Beitrag in der jüngsten Rosenland-Ausgabe über die Nazi-Verseuchung und Judenhetze in Bösingfeld hab ich mit Ergriffenheit gelesen. Dein Aufsatz ist mir ein Spiegel Deines Gewissens und Deiner Gewissenhaftigkeit denen keine Anerkennung meinerseits gerecht werden kann. Unter den Bösingfelder Herzbergs und Frankensteins deren Schicksale Du berichtest, habe auch ich Verwandte. Eine meiner Urgroßmütter war Emilie Herzberg, geb. in Aerzen am 23.9.1832, die sich am 10.10.1855 mit Isaac Meyer in Oerlinghausen vermählte. Ihr Kind Joe(l) Meyer, geb. am 7.7.1865 hatte drei Söhne. Der jüngste war mein Vater Heinz. Wenn ich jetzt auf der Schwelle des Jenseits im Rückblick mein langes Leben betrachte, meine ich das Ausmaß zu ahnen, mit welchem meine Denken von der Besorgnis über die Verfolgungen geprägt ist, mit welchen wir Menschen einander heimsuchen. Vielleicht ist es ein Unrecht von mir, und eine Art Holocaustleugnen, darauf hinzuweisen das Verfolgungen wie Du sie mit unverkennbarem Mitgefühl beurkundest, dass solche Misshandlungen, wie schrecklich auch immer, tief, und vielleicht unheilbar im menschlichen Wesen verankert liegen. Wenn mir die Zeit und Kraft gegönnt sind, werde ich vielleicht nach manches über dies Thema schreiben. Vorerst aber, Dir und Maria, meine herzlichen Frühsommergrüße. Jochen