am 20. Juni 2018 Mein liebes Kind, heute Morgen, beim Erwachen ist mir die Phänomenologie - wollte ich schreiben, aber nein, statt dessen will ich sagen, die Erscheinung, der Auftritt des Wissens klar geworden. Als ich die Augen aufschlug, wusste ich nichts, nicht die Stunde, nicht den heutigen Tag, sogar auf den Ort wo ich erwachte musste ich mich kurz besinnen; und ja, meinen Namen kannte ich, aber der schien mir momentan, in Hofmannsthals Worten, so fremd als wie mein eigenes Haar. Das ist die wahre, und die einzig wahre Erkenntnislehre. Von diesem Ort des Nichts, strahlen dann in alle Richtungen die Bahnen des Denkens und fügen sich zu dem Gedankennetz wo ich zuhause bin, und dessen Mitte, ich schäme mich es zu bekennen, ich wie eine Spinne verwalte. Es ist ein Netz das sich, besonders mit der Unterstützung der Elektrotechnik, des Internets, mit Ausdehnungen die sich so weit, so tief und so hoch erstrecken, dass sie unübersichtbar werden und dass es angemessen ist sie als die Tentakel - Fangarme, Fühler - des täuschenden Nichtwissens zu erkennen die sie sind. Die Technik, aber, daran - oder darin - das Wissen sich zu bewähren scheint, ist zugleich die Kulisse hinter der sich seine Hinfälligkeit verbirgt. Über das Verhältnis von Technik und Wissen gilt es zu verstehen, dass die Technik ein Können ist, und der Techniker ein Mensch der entsprechend seinem Können handelt und wirkt, Wenn ich sie recht begreife wurzelt die sogenannte Erkenntnistheorie in dem Zwiespalt des individuellen, subjektiven, gegenwärtigen Wissen des Einzelnen und dem allgemeinen, objektiven, ewigen Wissen der Gesellschaft - oder sollte ich schreiben der Herde. Dies objektive ewige allgemeine Wissen ist an Symbole gebunden, vornehmlich an Sprache als zusammengefügte Worte, stellenweise auch an die Mathematik. Es ist bewahrt und quasi verewigt in Büchern, die wegen Mangels an Zeit dem Einzelnen nur in Bruchstücken zugängig sind. Das subjektive Wissen wird erlebt, ist unentrinnbar; das objektive Wissen wird vorgestellt und ist unerreichbar. Dies ist eine Erklärung weshalb die Erkenntnistheorie unvermeidlich in Metaphysik ausartet, weshalb das objektive Wissen dem subjektiven Wissen transzendental erscheint, und umgekehrt. Und nun zur Ethik. Sie ist an eine Kette von Missverständnissen gebunden, wie etwa dass ich zu wissen vermag oder gar weiß was gut ist, dass diesem Wissen die Sprache gerecht ist, dass ich voraussehend bestimmen kann was ich tun werde, und dass dies mein Handeln in meiner Macht liegt, mit anderen Worten, dass ich was ich will zu entscheiden und zu tun vermag. Die Ethik leidet unter einer Unbestimmtheit vergleichbar mit der Unbestimmtheit der Erkenntnistheorie. Man weiß nicht ob oder in welchem Maß es sich um eine Seelenethik oder um eine Herdenethik handelt. In beiden Beziehungen, auf die Erkenntnislehre und auf die Ethik, sind die Zweideutigkeiten und Widersprüche verKant.