Date: Sat, 23 Jun 2018 21:53:00 -0400 Liebe Cristina, Vielen Dank für Deinen Brief. Es wäre mir eine Freude Dich und Dein Cello am Flughafen in Empfang zu nehmen. Wenn Du das möchtest, schreib mir bitte mit e-mail, den Namen der Fluglinie, die Flugnummer, die Ankunftszeit, und Deine Cell Phone Nummer. Du weißt meine Adresse: 174 School Street, Belmont MA 02478. Das alte verdrahtete Telephon funktioniert nicht. Du kannst mich aber jeder Zeit mit meinem "cell-phone" 617-548-5768 erreichen. Hier in 174 School Street werden Dir in der dritten Etage des Anbaus, drei Zimmer zur Verfügung stehen: Ein geräumiges Schlafzimmer, ein großes Arbeitszimmer, und ein eigenes Badezimmer. Es sind die schönsten Zimmer welche dies Haus aufzuweisen hat, mit Blick nach drei Seiten ins sommerliche Grün der hohen Bäume durch die vielen Fenster. Du magst so lange bleiben wie Du möchtest. Zur gegeben Zeit würde ich Dich gern mit dem Auto nach Putney fahren, wenn es Dir angenehm ist. Seit Deinem und Deiner Eltern Besuch hat sich mein äußeres Leben stark verändert. Meine Schwerhörigkeit hat zugenommen, aber wenn Du laut und langsam sprichst, werde ich Dich verstehen können. Mein Gehen ist um manches beschwerlicher geworden. Seit einigen Wochen gehe ich mit kurzen schleppenden Schritten an zwei Stöcken. Das Autofahren bereitet mir keine Schwierigkeiten. Ich mache regelmäßige Fahrten zum Flughafen um meinem Sohn dort abzuliefern und abzuholen. Seit dem 2. Januar dieses Jahres ist das Zimmer in der ersten Etage des Anbaus wo bei Euerem Besuch Deine Eltern schliefen, von Nathaniel bewohnt. Am 17. März 2018, brachte Nathaniel, meinen ausdrücklichen Wünschen zuwider, einen jungen Hund ins Haus der wächst und wächst ohne das er (der Hund) verständiger würde. Das Zimmer teilt Nathaniel nicht nur mit seinem Hunde, sondern zuweilen auch in manchen Nächten außer mit dem Hunde, mit seiner neuen Freundin Sabine, eine junge Frau die mir jedenfalls wenig zu sagen hat. Sie ist eine Studentin im benachbarten Wellesley College. Ich war es sehr zufrieden in den 15 Monaten nach dem Tod meiner Frau dies Haus, bis auf den kurzen Besuch Deiner Eltern, allein und einsam zu bewohnen. Jetzt ist es die abschließende Aufgabe in meinem Leben für meinen heimatlosen Enkel ein Zuhause zu gestalten und zu bewahren. Ich erfülle diese Aufgabe so gut ich kann. All diese Einzelheiten, weil ich meinte dass Du wissen solltest wohin Du Dich begibst. Sollte es Dir unter den Umständen angenehmer sein statt in diesem meinem Wildtiergarten, nebenan, in 178 School Street, zu wohnen, im Hause meines Sohnes und meiner Schwiegertochter, wie bei Deinem früheren Besuch, würde ich, so leid es mir täte, versuchen dies einzurichten. Auf den 27. Juni, den Tag vor Deiner Ankunft, fällt mein achtundachtzigster Geburtstag. Wie Dein erster Besuch ein Weihnachtsgeschenk war, wird also der zweite, ein Geburtstagsgeschenk werden. Grüße bitte Deine Eltern von mir. Dein Jochen