am 7. Juli 2018 Mein liebe gutes Kind, Schon wieder störe ich Dich mit meinem Schreiben! Entschuldige mich und nimm es mir nicht übel dass ich unverwandt an Dich denke, und dies in einem solchen Maße, dass mir mein Leben ohne Dich, oder jedenfalls ohne das Denken an Dich, unvorstellbar ist. Ich weiß nicht, ob es mir überhaupt erlaubt ist es auszusprechen, dieses Gefühl dass es mit mir zuende geht. Geht denn nicht tatsächlich das Leben stets zuende, und haben wir nicht unter uns vereinbart dies Zuendegehen zu verschweigen, als ob durch das vereinbarte Schweigen das Zuendegehen aufgehalten oder gar rückgängig gemacht werden könnte? Wie merkwürdig, wie wunderlich und erstaunlich ist nicht das Verhältnis der Sprache zum Erleben, zur Vorstellung, zur gedeuteten und zur undeutbaren Welt. Warum musste fast ein ganzes Leben vergehen, eh ich diese Ungereimtheiten zu verstehen lernte? Der Glaube dass die Sprache das Tor zur Wahrheit sei, ist mir anerzogen worden. Heut befürchte ich das Gegenteil. Zwar ist mir noch annehmbar, dass Sprache selbst eine Art, eine Spezies Wahrheit ist. Aber dass Sprache die Wahrheit erschöpfend darzustellen vermöchte, ist mir heute Nachmittag nicht mehr glaubbar.