Mein liebes Kind, Es ist schon halb sieben wo ich diesem Brief zu schreiben anfange. Es war, es ist ein schwieriger Tag im Schatten von Nathaniels Verzweiflung über abfällige Kritik seiner Aufführung von Bruckners Dritter Symphonie am vergangenen Freitig; und von mir, der sein Leben im Schatten abfälliger Kritik zwar nicht von Zeitungsberichterstattern, sondern von Mitgliedern der eigenen Familie, lässt Nathaniel sic nicht helfen. Klemens berichtete Nathaniel wolle der Musik völlig entsagen, die geplanten Konzerte stornieren, seine Trompetenstunden aufgeben, seine Trompetenverkaufen, wonach ihm keine ersichtliche Tätigkeit bliebe als seinen Hund zu streicheln und seine Freundin Sabine zu kosen. Er hat mich um Erlaubnis gebeten dass Sabine den Monat August hier in diesem Hause verbringen möchte, eine Bitte die ich ihm natürlich gewährt habe mit dem weiteren Vorschlag Sabine ihr eigenes Zimmer einzurichten. Inzwischen hab ich geduscht und mein Kinn rasiert, wie ungefähr alle vier Tage. Mein Bart ist weiß und gegen den Hintergrund der weißen Haut kaum sichtbar. Dennoch wird er mir nach ein paar Tagen unangenehm. Ich rasiere mich dann in der Badewanne stehend, ohne Spiegel, und zugleich wasche ich den Körper so gut ich kann. Da es mir aber unmöglich ist mich zu bücken, und Oberschenkel, Beine und Füße mit eingeseiftem Lappen zu reiben. So werden sie nur mit warmem Wasser abgespült. Das scheint zu genügen. Den Wecker, das heißt den CD Spieler mit dem ich mich wecke hab ich auf 5 Uhr 30 gestellt. Dann fängt er an sehr laut die Bach Kantate "Schleicht spielende Wellen ertönen zu lassen. Vielleicht besinnst Du Dich sogar noch auf die Melodie des wunderbaren Eingangschors, denn es ist dieselbe Scheibe die ich benutzte mich zu wecken, um Klemens zum Flughafen zu fahren, die ich brauchte noch hier warst. Heute Nachmittag war Klemens hier, nicht meinetwegen sondern um zu versuchen die Krise welche Nathaniel aufgepeitscht hat zu beheben. Mir scheint Nathaniels Existenz wie eine Kette wo jede Krise von der nächsten durch eine geringe Spanne Zeit getrennt ist in welcher er mich mit schäbiger Unhöflichkeit behandelt bis er plötzlich und unerwartet in Bitten und Flehen umschwenkt. Über mein gegenwärtiges Leben mit Nathaniel, seinem Hunde, und nicht selten seiner mit ihm - und dem Hunde schlafenden Freundin Sabine werde ich Dir noch manches weitere zu erzählen haben, besonders wo Sabine hier für den Monat August einen Daueraufenthalt angekündigt hat. Aber jetzt bin ich müde und in nur sieben Stunden wird "Schleicht spielende Wellen" mich aus dem Schlaf rütteln. Deshalb jetzt, Gute Nacht.