X-Account-Key: account1 X-UIDL: 11e8-945a-d1ca8c26-91b6-002128053662 X-Mozilla-Status: 0001 X-Mozilla-Status2: 00000000 X-Mozilla-Keys: Status: U Return-Path: Received: from mx-spitfire.atl.sa.earthlink.net ([207.69.195.187]) by mdl-queer.atl.sa.earthlink.net (EarthLink SMTP Server) with SMTP id 1FKiLJ30Y3Nl34O0; Mon, 30 Jul 2018 20:44:07 -0400 (EDT) Received: from pv41p47im-tydg07083201.me.com ([17.133.165.181]) by mx-spitfire.atl.sa.earthlink.net (EarthLink SMTP Server) with ESMTP id 1FKiLD3173Nl36P0 for ; Mon, 30 Jul 2018 20:44:01 -0400 (EDT) Received: from process-dkim-sign-daemon.pv41p47im-tydg07083201.me.com by pv41p47im-tydg07083201.me.com (Oracle Communications Messaging Server 8.0.2.2.20180531 64bit (built May 31 2018)) id <0PCP00M00GI2E200@pv41p47im-tydg07083201.me.com> for ernstmeyer@earthlink.net; Tue, 31 Jul 2018 00:44:00 +0000 (GMT) DKIM-Signature: v=1; a=rsa-sha256; c=relaxed/relaxed; d=icloud.com; s=04042017; t=1532997840; bh=inic84gbhZQvuYIKO3X5OJZzO1Rj+aO/tMf5HANuxlI=; h=Content-type:From:MIME-version:Subject:Message-id:Date:To; b=iQ4Hb447z7gOaNtGq7u27aDQZH3FpmWA6iJHtpqhwOuvpO0GOqmoHFwJFpACdXviG vIQXjdc4wsDH5+u0bfywVDOFlxwUIo/Dr7ufRiqQmLUHuujUgUPor2NoX+1pQSpJwT 6iIMwiXgR+Ep16x5A8N9MfWw3fFKjgMkEz2jvp8PX/q1OIcuM8Z4G/mbdKFYbABawz 8whvi8e9oFn+DMSmOzMRseX7UfTKusU53kYaDAXQzCHGhvJMlOHkF5pMwvj6DH9U8h 5sUwZNx/zBUx6WRStUfJDk3amLhVPEn7/iN82uxMAJkgW+i48Eyu12AH0eKpc6XPgi gWwqgd0mwJoBw== Received: from icloud.com ([127.0.0.1]) by pv41p47im-tydg07083201.me.com (Oracle Communications Messaging Server 8.0.2.2.20180531 64bit (built May 31 2018)) with ESMTPSA id <0PCP00KZSGP9S620@pv41p47im-tydg07083201.me.com> for ernstmeyer@earthlink.net; Tue, 31 Jul 2018 00:44:00 +0000 (GMT) X-Proofpoint-Virus-Version: vendor=fsecure engine=2.50.10434:,, definitions=2018-07-30_10:,, signatures=0 X-Proofpoint-Spam-Details: rule=notspam policy=default score=0 spamscore=0 clxscore=1015 suspectscore=1 malwarescore=0 phishscore=0 adultscore=0 bulkscore=0 classifier=spam adjust=0 reason=mlx scancount=1 engine=8.0.1-1707230000 definitions=main-1807310007 Content-transfer-encoding: quoted-printable Content-type: text/plain; charset=utf-8 From: Niels Holger Nielsen MIME-version: 1.0 (1.0) Subject: Konglomerat Message-id: <5314D955-3653-4BFD-84DB-A5A8AA006A34@icloud.com> Date: Tue, 31 Jul 2018 02:43:57 +0200 To: ernstmeyer@earthlink.net X-Mailer: iPad Mail (15G77) X-ELNK-TLSInbound: 1 X-ELNK-Received-Info: spv=0; X-ELNK-AV: 0 X-ELNK-Info: sbv=0; sbrc=.0; sbf=b0; sbw=000; Lieber Herr Dr. Meyer, der 20. Juli ist hier gerade vergangen und die mit diesem Datum verbundene Ahnung von der M=C3=B6glichkeit geistigen und tats=C3=A4chlichen Widerstands= gegen Totalitarismus und V=C3=B6lkermord m=C3=B6ge mir als Folie f=C3=BCr einige Z= eilen dienen, die ich Ihnen jetzt endlich senden m=C3=B6chte. F=C3=BCr Ihre zwischenzeitlichen Briefe herzlichen Dank. Wie immer anregend und von wohltuender Wahrhaftigkeit. Wer solche Briefe erh=C3=A4lt, sollte si= ch gl=C3=BCcklich preisen und auf rasche Beantwortung aus sein. Dennoch habe ic= h mit einer Schreibblockade zu k=C3=A4mpfen, deren Ursprung mir nicht klar ist= und die mich durchaus beunruhigt. Vielleicht ist es der widrige weltweite=20= Zeitgeist, der jegliche Initiative selbstst=C3=A4ndigen Denkens und Formulie= rens=20 im Keim erstickt. Aber eigentlich ist es ja das gr=C3=B6=C3=9Fte Privileg de= s Schreibenden, dass er sich frei machen kann von fremden Einfl=C3=BCssen und ganz nach eige= nen Regeln antreten kann.=20 Ich sehe, dass bei Ihnen das Nachdenken =C3=BCber Sprache wieder in besonder= em Ma=C3=9Fe in den Mittelpunkt ger=C3=BCckt ist. =20 (Erneuter Einsatz am 30. Juli)=20 Das Vorhaben, den 20. Juli 1944 meinen Zwecken dienstbar zu machen, endet nach wenigen Zeilen in einer Aporie. So pauschal l=C3=A4sst sich geistige Ho= ffnung nicht aus diesem historischen Ereignis gewinnen. Da bed=C3=BCrfte es einl=C3=A4ssl= icher Untersuchung, um Ansatzpunkte f=C3=BCr Freiheit, Mut und ethisches Handeln ableiten zu k=C3= =B6nnen. Aber ich nehme noch einmal Ihren Hinweis auf Sprache als zentraler Instanz a= uf. In der philosophisch-politischen Debatte =C3=BCber Heideggers =E2=80=9CSchwa= rze Hefte=E2=80=9D hat Daniela Helbig in ihrem Beitrag eine sch=C3=B6ne Replik Hannah Arendts a= uf=20 eine apodiktische Behauptung Heideggers wiedergegeben: =E2=80=9CDas Sein manifestiert sich als der Gedanke.=E2=80=9D (Heidegger, Identit=C3=A4t und Differenz, S. 48) [Sp=C3=A4ter eingef=C3=BCgt:] Und wie manifestiert sich der Gedanke? Hannah Ahrendt, Denktagebuch Der Gedanke manifestiert sich in und als Sprache. Ernst Jochen Meyer (Den dritten Schritt habe ich mir erlaubt, Ihnen in dieser Form zuzuschreibe= n.) Ich glaube allerdings nicht, dass die Linguistik in ihrer Beschreibung des P= h=C3=A4nomens Sprache die letzte Wirksamkeit von Sprache erfassen kann, gleichwohl bedauer= e ich, nicht systematischere Kenntnisse auf diesem Gebiet zu besitzen. Offensichtlich verh=C3=A4lt es sich aber so, dass sogar die Naturwissenscha= ften auf Narrative angewiesen sind, um Forschungsergebnisse plausibel darstellen zu k=C3=B6nnen. Die Sprache in Dichtung und Philosophie bleibt der Urgrund f= =C3=BCr die M=C3=B6glichkeit freier Existenz. Der politischen Rhetorik, die augenblickli= ch gerade in einer Phase der Verrohung sich befindet, kann durch bedachte und kunstvol= le=20 sprachliche Texte Paroli geboten werden. Und der Autor kann sich zudem durch= Versenkung in seinen Gegenstand zumindest tempor=C3=A4r von dem Druck des qu=C3=A4lenden Weltl=C3=A4rms freimachen. An dieser Stelle m=C3=B6chte ich Sie fragen, wie Sie Produktion und Schicksa= l Ihrer Phase der Sonette jetzt einsch=C3=A4tzen. Bis hin zum Tondokument mit eigene= r Lesung haben Sie ja Ihre Begeisterung f=C3=BCr Sprache in dieser Ausdrucksfo= rm=20 niedergelegt. In diesen Sonetten hatten Sie eine Lebenskrise durch die genia= le Verwendung dieser Kunstform zur Strukturierung Ihrer Lebenserinnerungen =C3=BCberwunden. Nur Sprache in ihrer dichtesten Form kann derartiges leiste= n. In zwei Notaten habe ich k=C3=BCrzlich eine b=C3=BCndige Aussage zur Gef=C3=A4= hrdung von Sprache in heutiger Politik und Gesellschaft versucht. Inzwischen glaube ich= , dass die Bemerkungen nicht wirklich belastbar sind. I.=20 In L=C3=BCgenzeiten sterben auch die Mythen, aus denen die Menschen die lebensfreundlichen Narrative sch=C3=B6pfen. II. Die schlechte Fiktion in den allt=C3=A4glichen L=C3=BCgen infiziert den Quellgrund der Erz=C3=A4hlungen von Menschen und G=C3=B6ttern, von Bildern, Metaphern und Mythen, die bunte Welt der=20 Vielgestaltigkeit, das Spiel von Dichtung und Wahrheit. Vielmehr ist es wohl eher so, dass die wahren Mythen sich gegen alle Zerst=C3=B6rungsversuche durchsetzen k=C3=B6nnen.=20 Gerade habe ich die Besprechung von einem neuen Buch von Martha Nussbaum gelesen. Sie gibt eine subtile Analyse der heutigen Situation und zeigt konstruktive Wege auf, sich der Diktatur entgegenzustellen, indem eben= nicht Hass gegen Hass ausgespielt wird. Ich habe Martha Nussbaum einmal hier in Heidelberg nach einer Buchvorstellun= g kurz sprechen k=C3=B6nnen. Eine glaubhafte Pers=C3=B6nlichkeit mit gut begr=C3= =BCndeten Ansichten. Lieber Herr Meyer, ich freue mich zu h=C3=B6ren, dass es Ihnen =E2=80=9CGut=E2=80=9D geht, wie S= ie es beschreiben, indem Sie die lakonische Ausdrucksweise von Alexander aufnehmen. Das l=C3=A4sst no= ch auf viel sprachlich Verfasstes von Ihrer Seite hoffen. Unsere Kinder und sind im Augenblick alle in Berlin. Am Samstag vor einer Wo= che hatte in Prag unser Enkel Lennart, jetzt in North Western, in Shakespeare=E2= =80=98s Much Ado About Nothing den Claudio gespielt. Die Auff=C3=BChrung fan= d im St=C3=A4ndetheater statt, dem Opernhaus, in dem am 29.10.1787 Mozarts Don Giovanni uraufgef=C3=BChrt w= urde. Am 3. August kommen alle f=C3=BCnf f=C3=BCr einige Tage zu uns nach Heidelbe= rg. In der Hoffnung, bald wieder von Ihnen zu h=C3=B6ren, herzliche Gr=C3=BC=C3=9Fe, auch von meiner Frau, Niels Holger Nielsen Von meinem iPad gesendet