Mein liebes gutes Kind, inzwischen sind sechs Tage vergangen, zwei Tage und zwei Nächte war ich mit Klemens auf Nantucket. Trotz meiner Freude an der Landschaft und an den gemeinsamen Bemühungen mit Klemens war es dennoch nicht leicht. Vielleicht wegen der düsteren Erinnerungen, und ganz bestimmt weil Du mir fehlst. Heute ist Mittwoch. Am Sonnabend fährt Klemens mit seiner Familie, in welche sie mich nicht einbeziehen, für sieben Tage nach Nantucket. Auf meine Anfrage teilte Klemens mir mit, dass es einfacher für ihn wäre wenn ich während dieser Zeit von unserm Hause fern bliebe, denn meine Anwesenheit würde ihn benötigen für mich zu sorgen, eine Belastung die er nach Möglichkeit vermeiden möchte. Ach, wenn es doch vorüber wäre, und alles vorbei, dass ich keinem mehr zur Last fallen müsste. Ich versuche geduldig zu sein, aber es fällt mir schwer. Und noch ein weiterer Tag ist dahin. Du erinnerst, Ende August ist die Zeit wenn unsere Schwiegertochter Laura ihrer engsten Familie, ausgeschlossen Dich und mich, ihre Nantucketferien aufzwingt. So auch dieses Jahr. Im März dieses Jahres, um genau zu sein, am 17. März 2018 hat Nathaniel, meinem Wunsch zuwider einen Hund in unser Haus eingeführt. Der Zwinger verlangte die ausdrückliche Zustimmung des Haushaltsleiters, und angesichts meiner Weigerung hatte Klemens Nathaniel zur Buddy Dog Humane Society, 151 Boston Post Rd, Sudbury MA 01776, (978)443-6990, begleitet um, mit meiner Zustimmung, des Hundes Willkommen zu verbürgen. Der Hund erschien und jeder nächste Tag wurde problematischer als der zuvor. Zuerst wurde der Hund in unserem einstigen Schlafzimmer, an der nord-west Ecke im zweiten Stock des alten Hauses, gebettet, und da es dem Hund gelang mit seinen Pfoten den kunstkristallnen Türknopf zu drehen, versahen wir die Tür mit Haken und Öse, so dass der Hund sie hinfort nicht zu öffnen vermochte. Selbstverständlich hatte Nathaniel beliebige Gelegenheit den Hund in seinem Hundezimmer so oft und so lange zu besuchen wie er wollte, und ihn zu so häufigen und weiten Spaziergängen nach draußen zu führen wie es ihm Nathaniel und ihm dem Hunde angenehm war. Das alles aber genügte nicht. Der Hund würde Nathaniel in die Küche begleiten, wo er vom Aroma der kochenden Speise gereizt, sich aufwärts bäumte, und seine Pfoten über die vorderen Heizplatten strich, die glücklicherweise ausgeschaltet waren. Vorbeugend entfernte ich die Schalterknöpfe zu den zwei forderen Heizplatten um möglicherweise schwere Verbrennungen der Pfoten des Tieres zu verhindern. Meine Vorsicht aber wurde von Klemens sowohl wie von Nathaniel als übertrieben gerügt, und nach zwei Tagen befanden sich die beiden Knöpfe aufs neue den Schaltern aufgesteckt. Auch mit der Behausung des Hundes im alten Schlafzimmer war Nathaniel unzufrieden. Ohne mich um Rat oder gar Erlaubnis zu fragen, verlegte Nathaniel des Hundes Lager in sein Schlafzimmer, wo er es unmittelbar vorm Fenster mit einem aufwendigen Gitter umzäunte. Mir war under diesen Umständen die Anfälligkeit der heruntergelassenen Jalousien für des Hundes Pfoten augenscheinlich; doch waren beide Klemens und Nathaniel gegen meine Bitten, die Jalousien durch Hochziehen vor dem Hunde zu schützen, taub; und kaum eine Woche war vergangen eh die zwei Jalousien zerbrochen waren. Eine vermochte ich zu reparieren; die zweite mittels eines Sonderauftrags bei Home Depot zu ersetzen. Inzwischen aber entbehrten Nathaniel und seine ihn regelmäßig nächtlich besuchende Freundin Sabine die Heimlichkeit ihrer Intimsphäre, welche sie mit etlichen Stücken mit Klebband am Scheibenglas befestigtem Schreibpapier, das bei Öffnen der Fenster auf liederlichste Weise im Winde flatterte, wiederherzustellen versuchten. Später ersetzten sie diese Schutzmaßnahme mit Bettlaken welche sie von den Kloben der abgetakelten Jalousien baumeln ließen. So fuhren sie fort das Schlafzimmer mit einander und mit dem Hunde nächtlich zu teilen. Nach einigen Tagen oder Wochen entwickelte sich bei Sabine, oder sie entdeckte, eine Allergie gegen den Hund; und ich beurteile es als ein Zeugnis von Nathaniels geistig-seelischer Gesundheit, dass es der Hund war, und nicht Sabine, der von ihm aus dem Schlafzimmer hinausbugsiert wurde. Der Hund bekam als Entschädiging für die Verbannung aus dem Anbaubrautgemach ein elegant eingefasstes Daunenlager im Anbautreppenhaus, in dessen Gewölbe sein gelegentliches überlautes Bellen mit majestätischem Echo verhallte. Vor einigen Wochen hatte ich den Versuch gemacht, den Hund an ein für ihn besonders angelegtes 23 Meter langes Laufseil anzubinden, so dass es dem Hunde möglich wäre durchs Hin und Herlaufen sich die notwendige Bewegung zu verschaffen. Bei dieser Gelegenheit erfuhr ich, dass ich den Hund, auch wenn ich ihn an der Leine hatte, nicht zu dirigieren vermochte. Wenn dem Hund die Richtung in der ich ihn leiten wollte nicht passte, legte er sich auf den Bauch und ließ sich weder hin noch her zerren. Und da er zu groß und schwer ist, dass ich ihn zu heben vermöchte, und da er mich drohend anknurrt, wenn ich ihm ungefällig bin, - vor einem Monat hat der Hund eine Frau gebissen der Nathaniel ihn vorübergehend anvertraut hatte, - war mir nichts übrig geblieben als den Hund an seinem Laufseil zu lassen bis Nathaniel nach Hause kam. Seitdem, ich will es gestehen, hab ich Angst vor dem Tier und vermeide seine Nähe. Wo er nun im Parterre des Treppenhauses seine Wohnung hatte, blickte ich auf den lagernden, umherschreitenden oder bellenden Hund vom Treppenbalkon im zweiten Stock hinab, betrachtete aber das untere Wendeltreppengefüge als mir gesperrt, und fragte mich indem ich auf das große schwarze bedrohliche Tier hinabblickte, wieviele Wochen, Tage, oder vielleicht nur Stunden vergehen müssten, bis seine beschränkte Intelligenz ihm die Sprünge nach oben, in mein Schlafzimmer und in mein Arbeitszimmer ermöglichen würde. Aber es ist anders gekommen. "Der Mensch denkt, Gott lenkt," hab ich als Kind in Deutschland gelernt. In diesem Fall waren unsere Schwiegertochter Laura und unser Enkelsohn Nathaniel die Instrumente der göttlichen Lenkung. Denn Laura hatte schon vor Monaten, aber vermutlich nach dem Zuwachs des Hundes in unsere Familie, für die kommende Woche ein Ferienhäuschen mit Hundeverbot auf Nantucket gemietet, ungeachtet oder unbedacht dass diese Vorkehrung Nathaniels Anwesenheit erschweren, wenn nicht gar unmöglich machen würde; und Nathaniel dem trotz oder vielleicht sogar wegen der heiklen Beziehungen zu seinen Eltern und der Feindseligkeiten mit seinen Geschwistern an seiner Familienmitgliedschaft besonders gelegen ist müsste für die Pflege des Hundes während seiner Abwesenheit auf Nantucket gehörige Verpflegung finden. Mich schützt meine körperliche Unfähigkeit den Hund zu handhaben der Gefälligkeitspflicht diesem Bedürfnis Nathaniels nachzukommen. Aus mir unersichtlichen Gründen weigert sich Nathaniel das Tier für eine Woche in eine Hundepension einzumieten, vielleicht weil es jüngst bei Gelegenheit fremder Betreuung die Pflegerin biss. So hatte Nathaniel sich in den Kopf gesetzt, während seiner Abwesenheit auf Nantucket, den Hund mir hier im Hause zu überlassen, und einen Hundespazierbegleiter oder eine Hundespazierbegleiterin anzustellen, den Hund zwei Mal täglich auf seine Geschäftsrunden zu führen. Wie Nathaniel sich das, in Anbetracht meiner eigenen Hilflosigkeit dem Hunde gegenüber vorgestellt hat, ist mir ein weiteres Rätsel. Tatsache aber, die ich wiederholt allzu eindringlich erfahren habe, ist dass Nathaniel nichts bespricht, dass er nur pro forma um Erlaubnis fragt, und wenn diese ausfällt, dann ungeachtet meiner Wünsche und jeglichen Verbots, entsprechend seines eigenen Entschlusses handelt. So hatte ich zu erwarten, dass an einem der nächst kommenden Tage Nathaniel nach Nantucket verschwinden würde, indess ein Hundespazierbegleiter erschien um den Hund auf seine Geschäftsrunden zu führen. Abgesehen von durchaus vorstellbarem Versagen dieser Bemühungen, würde der Hund von seinem Spazierbegleiter in meine Obhut abgeliefert. Und ich, der nicht mehr Kraft hat den Hund zu handhaben, mit allen vermeintlich verantwortlichen Familienmitgliedern abwesend zur Ferienfeier auf Nantucket, was würde ich dann tun? Mit dieser Frage im Gemüt schrieb ich am 15. August, 2018, um 19:17 an Klemens: "Please provide me with the name, address and telephone number of the organization from which you and Nathaniel obtained the dog on March 17. Thank you." und bekam folgende Antwort: On 08/15/2018 07:34 PM, Klemens Meyer wrote: Buddy Dog Humane Society 151 Boston Post Rd Sudbury, MA 01776 United States (978) 443-6990 buddydoghs.org I do not know what your intention may be in requesting this information. I considered asking you, but decided not to prevaricate. Worauf ich antwortete, wie folgt: On Wed, Aug 15, 2018 at 8:06 PM Ernst Meyer wrote: Nathaniel told me he was trying to hire someone to walk the dog twice a day, so that he, Nathaniel could go to Nantucket. This means that he would be abandoning the dog in my? house, making it impossible for me to go to Konnarock. You have asked me not to trouble you with this matter, which for me has been a five months' nightmare. That is why I did not, and I do not ask for your help. I will deal with it myself as best I can. Daraufhin schrieb Klemens: It is clear that I cannot avoid involvement. Nathaniel refuses to board the dog at the shelter or anywhere else. The dog bit the woman with whom Nathaniel left him during his camping trip at the time of Cristina’s visit. I will instruct Nathaniel that he may not invite a dog walker into your house, and I will tell him that if he appears on Nantucket without the dog, I will immediately return to Belmont. I will further reiterate that I advise him to find other quarters for himself and the dog. When Laura and I discussed this with him last week, on the occasion of the last crisis, he refused, saying that he didn’t want to accept any more money. I will pay the rent out of my own funds, because the current situation is such a burden to me. It will be my expense. I will begin to search for an apartment for him myself. Eine weitere Post von Klemens lautete: On 08/15/2018 10:22 PM, Klemens Meyer wrote: Nathaniel, Sabine and the dog will stay in our house tonight and until I can find an apartment for Nathaniel and the dog. worauf hin ich schrieb: From: Ernst Meyer Sent: Wednesday, August 15, 2018 10:27 PM To: Klemens Meyer Subject: Re: Nathaniel’s lodging I'm uncertain whether it's wise or constructive for me to comment, but I hope what I say will not make matters more difficult. I'm concerned above all for Nathaniel's emotional well-being. I am quite prepared to accept the existing situation into an indefinite future. I do NOT want to separate Nathaniel from his dog. I certainly do not want Nathaniel to feel rejected and ejected from 174 School Street. Nathaniel needs a home, and I am willing to try to provide it for him. I would like Nathaniel to have what is best for him. I have difficulty imagining how Nathaniel and the dog would manage together in an apartment. I'm concerned that in an apartment, things might go from bad to worse. I'm prepared to try to do whatever I can to help. und Klemens schrieb: It would not be helpful for me to comment on your email, or on this evening’s events. Folgendes ist das Ende des Briefwechsels an diesem schwierigen Abend Betreffs des Konzertes am Abend Freitag, des 17. August. On 08/16/2018 12:51 AM, Klemens Meyer wrote: I do not plan to attend. The weather forecast is bad, and my very strong suggestion would be that you should not attempt to attend on your own. If you do, there will be tickets reserved in my name; one was intended for you. Darauf antwortete ich: Thank you for letting me know. I want to be as helpful to you as I can.