am 21. August 2018 Mein liebes Kind, Die Ernte ist gesammelt, der Sommer ist dahin, und uns ist keine Rettung kommen. Was heißt Rettung, wer sind wir, und wo bin ich? Bin spät, erst um halb zwei, zu Bett gegangen, weil ich mich vom siebten Band meiner Romanserie nicht losreißen konnte. Hab tief und traumlos geschlafen, bis auf eine Toilettenunterbrechung um etwa sieben. Soeben bin ich aufgestanden, hab mich bis auf Strümpfe und Schuhe angezogen, und sitze nun hier am Rechner vorm Fenster und unterhalte mich mit Dir. Klemens, Laura, Benjamin und Leah feiern Lauras jährliche Nantucketferien. Ob Rebekah mit Mann und Kind auch erschienen ist oder erscheinen wird, weiß ich nicht. Ich jedenfalls bin auf meine Frage ob ich die Woche in unserem Hause verbringen sollte, von Klemens ausdrücklich ausgeladen. Nathaniel und Hund sind nebenan in "my house". Hoffentlich ist die Verwüstung, die sie anrichten, wiederherstellbar. Meinerseits befinde ich mich in Reuestimmung, weil ich den inneren Frieden der sich mir infolge der äußeren Ruhe einstellt nicht verdient habe. Tatsächlich umfängt mich ein gedämpftes Glück, von dem Hölderlin erzählte als er schrieb: "Heiter und ruhig ist dann das Alter," eine Gunst die mir nicht gebührt, und der zu entsagen ich bereit bin wenn Nathaniel mit Hund in ein paar Wochen - oder wären es nur ein paar Tage, zurückkehrt. Inzwischen ernähre ich mich von Tag zu Tag mit den Überresten der Speisen die Nathaniel gewohnheitsmäßig im Eisschrank hat liegen lassen. Bei der Abstumpfung meines senilen Geruchs- und Geschmacksvermögen bin ich etwas um die Magen und Darmzufriedenheit besorgt aber wer nicht wagt wird nie gewinnen. Das umgekehrte Mantra, wer nicht wagt wird nie verlieren, hat mich bewogen die Solosommerreise nach Konnarock, die ich mir versprochen hatte, aufzuschieben. Sie wird, vermute ich nie stattfinden, es sei denn dass die Instandhaltung des Hauses dort meine Anwesenheit erfordert. Aus sentimentalen, gefühlsmäßigen Gründen die Gefahren des Einschlummerns am Steuer, bei einer so weiten Reise einzugehen, scheint mir verantwortungsloser Leichtsinn. Ich unterbreche, denn meine Füße werden kalt und bitten um Strümpfe und Schuhe. Will sie beschwichtigen, dann nach unten gehen und mir aus Nathaniels Nachlass mein Frühstück zusammensuchen.