am 23. August 2018 Mein liebes gutes Kind, Es ist schon fast halb-zwölf, und mein Morgengebet an Dich ist entsprechend verspätet. Die Temperatur ist herbstlich kühl. Die Sonne scheint. Ich bin rujhig und gefasst, aber ein bisschen ungeduldig Dir nachzufolgen. Nathaniel, der wie ich Dir berichtet haben mag voreiner Woche, wortlos, ohne Sang und Klangvon hier ausgezogen ist, indem er die Mehrzahl seiner Habseligkeiten, aber keineswegs alle, nebenan brachte, ist mit Hund Joe und Freundin Sabine in Ontario. Was sie dort suchen, wie lange sie fort bleiben, ob sie in dieses Haus wiederkehren, weiß ich natürlich nicht. Nathaniel scheint, trotz aller meiner Bemühungen um ihn, mir feindselig, wenn nicht gar sehr feindselig gesinnt. Seine Abneigung gegen mich hat aber mit mir persönlich zu tun, nur insofern ich seinen Eltern, besonders seiner Mutter, ein Stein des Anstoßes bin, ein Stolperstein also, a stumbling block. Laut meiner jüngsten Gesellschaftslehre ist ein Stolperstein ein Stützpunkt an dem sich die Feindseligkeiten innerhalb der Familie einander ausgleichen und das Bestehen, die Existenz der Familie überhaupt erst ermöglichen. Denn dass sich Menschen gegenseitig lieben, ist ein Traum, eine Fabel, eine Lüge. Im Grunde sind sie unzufrieden, unglücklich, ärgerlich mit einander, und der Sündenbock dient ihnen als Angelpunkt wo sie sich wie nirgends sonst anderswo, und wie immer widerillig, mit einander vereinbarfen können. So leiste ich Klemens und seiner Familie einen großen Dienst, der zugegeben mir nicht immer leicht fällt, aber an den ich mich schließlich gewöhnt habe. Die Gelegenheit Dir darüber zu erzählen, macht ihn erträglich. Und nun, im viertel vor zwölf, zum Frühstück.