Das erste Vorwort zu diesen Bemühungen trägt den Tagesstempel des 5. Juli 1996, Heute ist der 30. Oktober 2018. Inzwischen ist eine Spanne von 22 Jahren, ein drittel meines damaligen Alters, ein viertel des heutigen, vergangen. In diesen vielen Jahren haben sich meine Vorstellungen von meiner Welt und von mir selber verwandelt. Damals gab ich meinem Netzort den schlichten Namen "Archiv". Ein Zweck dieses dritten Vorworts zu diesem Archiv ist die Verwandelungen meiner Vorstellungen zu beschreiben und, in dem ich sie verstehe, ihnen gerecht zu werden. Verstehen ist Vorbedingung für Gerechtigkeit jeglicher Art. Seit meiner Kindheit in den Hinterwäldern von Virginia hege ich den Wunsch meine Gedanken und Gefühle niederzuschreiben und ich bin lebenslang bestrebt gewesen diesem Bedürfnis nachzukommen. Der Wunsch schien mir damals, wie auch jetzt, selbstverständlich. Je älter ich werde desto dringlicher bin ich mir der Genugtuung bewusst, der Entzückung und Freude des Denkens, als einer mir lebensnotwendigen Tätigkeit, welche auf die Eleganz, auf die Schönheit und auf die Anmut und Würde des Gedankens als ihr Ergebnis, hinweist. [Heute aber möchte ich auf die Lust und Wonne, auf Freude und Entzücken des Denkens, als lebensnotwendige Tätigkeit, und auf die Eleganz, auf die Schönheit, auf die Anmut und Würde des Gedankens als ihres Ergebnisses, hinweisen.] Wie Anfangs die Gedanken welche mir aus Büchern entgegen kamen mich mit den Schriftstellern, ihren Verfassern, in Verbindung zu setzen schienen, so stellte ich mir vor, dass auch meine niedergeschriebenen Gedanken mich eines Tages mit Lesern verbinden möchten. [Wie mir zuerst die Gedanken aus Büchern entgegen kamen und mich mit ihren Verfassern, mit den Schriftstellern in Verbindung zu setzen schienen, so stellte ich mir vor, dass meine niedergeschriebenen Gedanken eines Tages auch mich mit einzelnen Lesern verbinden würden.] Dergleichen aber ist kaum, ist selten geschehen. Oder bin ich auch in dieser Hinsicht zu anspruchsvoll? Meine Schriften, erst in englischer, dann in deutscher Sprache, wurden durchweg, von den Verlegern denen ich sie unterbreitete, abgelehnt. Ein Jugendfreund (Helmut Frielinghaus) der sein Leben berufsmäßig als Lektor verbracht hatte, beriet mich wegen der Unzeitgemäßheit meines Denkens und Fühlens und bot sich an mit Rat und Tat meine Denk- und Schreibweise absetzbar und verkäuflich zu machen. Doch er fand in mir einen hartnäckigen Kunden. Da geschah es von selbst, dass ich mir aus der Not eine Tugend machte. Ich weiß nicht, ich habe es nie erfahren, ob der schlaue Fuchs seinen Beschluss über die viel zu sauren Trauben irgend jemandem außer dem Berichterstatter Äsop mitgeteilt oder diese tiefe urgründlich wahre Einsicht ins menschliche Schicksal anderweitig als Vertrauenssache geheim gehalten hat. Ich selber bin wegen der Ursachen meiner verschiedenen Versagen nie zu einem Beschluss gekommen. Habe meine Unzulänglichkeiten nie beklagt, und beklage sie auch jetzt nicht. Unter Umständen wäre das Ergebnis statt als Verlust, statt als Niederlage, als beträchtliche Gunst einzuschätzen. Vielleicht täusche ich mich, wenn ich mir einrede, dass die Anonymität, die Unbekanntheit meiner Bemühungen und meiner Person, mir jedenfalls diesen Vorteil gewährte, dass ich meine Gedanken und Gefühle ungeachtet und unabhängig von den Gesinnungen anderer, sein sie nun kritisch oder unterstützend, ablehnend oder bestätigend, entwickeln konnte. Vielleicht hat sich wegen dieser Abgeschiedenheit mein Denken auf eine höhere Ebene entwickelt, oder vielleicht hat es sich deswegen verlaufen. Gewiss aber hat die geistige Einsamkeit eine Konzentration, eine Sammlung ermöglicht die ich anderweitig nicht hätte zu erreichen vermocht. Die Muße der Entwicklung meiner Gedanken und Gefühle seit meinem Abitur im Jahre 1946 nachzuspüren ist mir in Anbetracht der Beschränktheit der mir noch bleibenden Tage nicht mehr gegönnt. Aus dem Überlesen meiner 14 Jahre später aufgesetzten Untersuchung über den Ursprung des Zweifels an der gedeuteten Welt entnehme ich dass mein Denken in jenen Jahren noch von der Voraussetzung geleitet war, es müsse in festbegrenzten quasi mathematisch logischen Begriffen wie etwa Zweifel, Wissen, Können, ethisches und ästhetisches Bewusstsein niederschlagen oder eingefangen werden. Der Widerspruch der in dem Versuch zum Ausdruck kommt, mittels bedeutungsträchtiger Begriffe deren Unhaltbarkeit und Fremdheit der aus ihnen erdachten gedeuteten Welt aufzuweisen, hat dann im Verlauf von Jahrzehnten mein Denken umgestaltet. Die Einzelheiten dieser Verwandlungen aus dem nebligen Zwielicht der Vergangenheit aufzusuchen wäre übermäßig umständlich. Die Beschränkungen von Zeit und Kraft würden es nicht erlauben. Statt dessen ergreife ich diese Gelegenheit meine vermeintlichen Entdeckungen, meine Überlegungen in den jüngst vergangenen Tagen, vorzustellen, welche, wie das sonstige gegenwärtige Leben, die Vergangenheit einbeziehen, aufheben und überholen. Damals, am Anfang meines Denkens, dachte ich fast wie ein Jünger Immanuel Kants, insofern als ich von ihm überzeugt war, dass meine Handlung eine freiwillige ist, unterworfen der Kontrolle eines vernünftigen und verständlichen kategorischen Imperativs. Im Licht, oder sollte ich schreiben, im Schatten, von Kants Lehren schien mir die Problematik der Ethik gelöst. Die wesentliche übrige Aufgabe der Philosophie meinte ich, sei die Vereinbarung vom Verständnis der Wirklichkeit, will sagen des Seins, mit dem Verständnis des Wissens. Ontologie und Epistemologie schienen mir die ausstehenden Aufgaben die zu bewältigen waren. Im Verlauf der Jahre, und besonders im Kielwasser der Nazidiktatur und der geistigen und körperlichen Zerstörungen die sie nach sich zog, entwickelte sich die Einsicht, nicht nur dass Kants Lehren zur Erklärung meines Erlebens unzulänglich waren, sondern gänzlich verfehlt, dass die vermeintliche Freiheit des Willens des Einzelnen ein Gesetz zu befolgen oder zu übertreten eine verhängnisvolle Täuschung war, dass der Mensch in einem ungeahnten Maß ein Herdentier ist, dass Tugend und Laster vornehmlich als Übereinstimmung, Konformität, als Anpassung an die Gesellschaft, i. e., an die Herde erkannt werden müssen; dass aber Laster, Sünde und Verbrechen Verstoß nicht gegen quasi-göttliche (oder von Natur bestimmte) Gesetze sind, sondern gegen die jeweiligen Gesinnungen der Herde denen sich zu fügen der Einzelne gezwungen wird. Die eigentliche ethische Problematik ergibt sich nun als die Untersuchung der zahlreichen Umstände in denen das "Gewissen" des Einzelnen mit der Herdengesinnung nicht übereinstimmt. Ich bin entschlossen, so weit mir Zeit und Kraft und Verstand gegeben sind, diese Problematik in künftigen Schriften (Überlegungen) zu untersuchen. Inzwischen versuche ich Immanuel Kant zu überreden sich von seinem Amt als Moralprediger des deutschen Volks in den Ruhestand zu begeben und küre als seinen Nachfolger, nein, nicht Friedrich Nietzsche, sondern den Herdengeistspezialisten Konrad Duden. Die überraschende Entdeckung der Herdenethik als Erklärung für meine Handlungen, hat mich zu der Frage gedrängt ob nicht vielleicht auch in den Bereichen des Wissens und der Wissenschaften eine ähnliche Dialektik zu entdecken wäre. Kaum ist sie gestellt, hat sich die Frage, wie von selbst beantwortet. Wie es vor fünfhundert oder vor tausend Jahren war, mag dahingestellt bleiben. Heute aber ist der Bereich des öffentlichen, allgemeinen objektiven Wissens so groß, so weit, so beträchtlich, so unübersichtlich, dass es unmöglich ist sich vorzustellen, wie er von einem einzelnen Menschen wie mir jemals zu bewältigen wäre. Das Ausmaß des öffentlichen Wissens aber ist, so scheint es mir, nicht nur und nicht vornehmlich eine Wirkung, eine Funktion, der Zahl der am Wissen Beteiligten, sondern zugleich und vielleicht noch in höherem Maße, eine Folge der Leistungsfähigkeit, der Dichte des Mitteilungsverkehrs der die Vielen am Wissen Beteiligten verbindet. Dementsprechend entsteht in meinem Gemüt ein Spiegelbild zwischen individuellem und öffentlichem Wissen, i. e., zwischen dem vom Einzelnen Erlebten und von der Gesellschaft Erfahrenen, einerseits, und andererseits, zwischen dem was dem Einzelnen unmittelbar zwingend wirklich ist, und jenes weitere neblige allgemeine Wirkliche welches von der Gesellschaft bestellt, legitimiert und letzten Endes all ihren Mitgliedern aufgezwungen wird. Diese Überlegung eröffnet ein neues Kapitel der Ontologie, insofern es auf Wirklichkeiten deutet die aufgrund ihrer Herkunft dem Einzelnen ebenso wenig erreichbar sind als das universelle gemeinschaftliche Wissen. Der Streit zwischen Gewissen und Herdeninstinkt als Beweggründe der Handlung entspricht dem Widerspruch von persönlichem Erleben und allgemeiner Erfahrung als Stützen des Wissens. In beiden Fällen, denen der Ethik und der Wissenskunde, liegen die Schwerpunkte der Handlungs- beziehungsweise der Erkenntnisproblematik in der Doppelnatur des Menschen als tierisches Herdenmitglied und als göttliche Seele. Die Unbestimmtheiten dessen was als wirklich erkannt werden sollte, sind gleichfalls in den Rahmen der Vergesellschaftung und Vereinzelung zu verstehen. Vornehmlich in diesem Rahmen sind Lösungen denkbar. XXXXXXXXXXXXXX Es ist keineswegs selbstverständlich, dass ein Vorwort, sei es zu einem Buch oder zu einem Netzort, wünschenswert oder gar notwendig sein sollte, besonders wenn es als drittes Vorwort, also ein zweites Mal verbessert ist. Man möchte annehmen, ein Schriftsteller, dessen Arbeit lesenswert ist, sollte fähig sein alles Notwendige im Hauptwerke auszusprechen und zu erklären. Dann wäre das Vorwort überflüssig. Indessen ist die Notwendigkeit des Vorworts der Schlüssel zu einem weitreichenden Geheimnis. Dies Geheimnis ist dass während das ansonst Dargebotene auf entlegenes, weit entferntes Erleben weist, wie etwa der Briefwechsel meiner Eltern während ihrer Trennung vom 8. Dezember 1938 bis zum 31. März 1939, oder meine Beschreibung meines Sommers in jenem Jahre, so zeigt das Vorwort auf den unmittelbar gegenwärtigen vorliegenden Text, ins Besondere, auf das zeitliche unmittelbare geistige Geschehen im Bewusstsein des Schreibenden und in dem Bewusstsein des Lesenden, und somit auf unser beider, des Schreibers und des Lesers, Erleben. Beim Schreiben und beim Lesen jedes Textes kommt es nicht nur auf den Inhalt an, nicht nur auf das wovon ich schreibe oder worüber ich lese, nicht nur auf das was ich erzähle oder was mir erzählt wird, sondern auf die von diesen Bemühungen ausgelösten Gefühlen und Gedanken, auf unmittelbares Erleben, einerseits auf die sich hier und jetzt verwirklichende Darstellung beim Schreiben, und andrerseits auf das sich hier und jetzt verwirklichende Verständnis beim Lesen. Es ist unvermeidlich, dass die zuweilen sehr große und unentrinnbare Bedeutung und Wirkung des von Fern Berichteten von den unmittelbaren Gegebenheiten, vom Erleben des Schreibens und des Lesens ablenken. Das von Fern Berichtete ist sprachbedingt, symbolisch und ist als solches nur mittelbar anschaulich. Es stammt von gesellschaftlichem Zusammenwirken, von der Tatsache dass die Gesellschaft die Pseudowirklichkeit des von der Sprache Erzählten als wirklich behandelt. In der Gesellschaft und durch die Gesellschaft wird die vom Einzelnen erlebte besondere unmittelbare Wirklichkeit von einer allgemeinen Pseudowirklichkeit verdrängt. Mein Leser und ich, wir beide müssen entscheiden, ob die in Gesellschaft behauptete vermeintliche Wirklichkeit tatsächlich nichts mehr oder weniger als eine von der Gesellschaft gestiftete und bedingte Pseudowirklichkeit ist; oder ob umgekehrt, das unmittelbar gegenwärtige Bewusstsein des Einzelnen eine Täuschung, eine Pseudowirklichkeit sein möchte, und die weite, grenzenlose unbestimmbare Welt zu welcher die Gesellschaft den Einzelnen einberuft das Einzige ist dem der Name Wirklichkeit gebührt. Man bedenke aber noch eine dritte Möglichkeit, nämlich dass beide, die innere subjektive und die äußere objektive Wirklichkeit, einen entsprechend beschränkten Anspruch auf Gültigkeit haben. Nach dieser weit ausladenden Einführung ist zu bemerken, dass dieses dritte Vorwort nicht ein Buch, sondern einen Netzort einleitet, hinweist auf eine Sammlung von Dokumenten welche infolge ihrer Mannigfaltigkeiten auf keine durchgängige Wirklichkeit weist, höchstens auf einen Schein vorstellbarer Wirklichkeiten die ich Pseudowirklichkeiten heiße, die wegen ihrer Vielfalt umso unzugänglicher sind, und mit der Unerreichbarkeit ihres Wirkens den Vorrang der inneren Wirklichkeit der Bemühungen eines jeden Lesers betonen. Diese Sammlung welche ihre eigene Geschichte hat soll an meinem Netzort kostenlos auf unbestimmte Zeit verfügbar bleiben. Sie entstand vor etwa zwanzig Jahren. Äußerlich war ich anfangs vornehmlich um die Veröffentlichung meiner eigenen Schriften bekümmert, ohne mir der Bedeutung dessen was ich versuchte bewusst zu werden. Meine Aufsätze und meine Romane hatte ich an dem Netzort meines Internetanbieters ausgestellt. Als es mir dann gelungen war, meinen eigenen Internet Verteiler (web server) auf dem Rechner in meinem Arbeitszimmer anzulegen wurde es mir möglich die vielen vorhandenen alten Briefe, welche zu digitalisieren ich bisher keine Möglichkeit gehabt hatte, als im PDF abgebildet gleichfalls auszustellen, so umfangreich dass sie den vom Anbieter verfügbar gemachten Platz um vieles übertreffen würden. Als junger unerfahrener Schriftsteller war ich überzeugt, dass der wertvollen, der klassischen Literatur besondere Eigenschaften anhafteten wodurch sie sich von volkstümlichen Erzeugnissen unterscheiden ließ, dass es mir notwendig war diese Eigenarten zu erlernen, damit auch ich ein "klassischer" Schriftsteller würde. Als junger Mensch hatte ich auf der Universität unter manchem anderen deutsche, französische, englische und griechische Literatur studiert ohne dass ich mich selber oder dass ich meine Lehrer jemals gefragt hätte worin der besondere Wert dieses Studiums läge, oder auch nur wie die Besonderheit dieser Literatur bestimmt würde. Man behauptete einen Unterschied einerseits zwischen populärer, volkstümlicher und im eigentlichen Sinne vulgärer Literatur wie sie von den Massen des Volks geliebt und gelesen wird, ihrem Wesen gemäß vergänglich, und andererseits sogenannter klassischer Literatur, die besonders war, von der man meinte, dass sie eine bleibende Gattung von Kunst darstellte, ohne zu bestimmen, worin diese Kunst bestehen möchte, oder wie sie entstand, wie sie beurteilt, bewertet oder gerichtet werden sollte. Man möchte theoretisieren dass in vergangenen Zeiten, als die Gesellschaft vom Adel, von einer Aristokratie, lies von der Gruppe der Besten, beherrscht und regiert wurde, dass damals diese sogenannt klassische Literatur bei Hofe bevorzugt wurde, dass sie vielleicht als Adel des Geistes den Werturteilen eines gesellschaftlichen und politischen Adels entsprach. Aus dem Stegreif, wüsste ich als Mäzene der sogenannten Schönen Literatur zu zitieren, nur Herzog Anton Ulrich von Braunschweig, König Friedrich II den Großen, von Preußen, und den Herzog Carl August von Sachsen-Weimar als dessen Minister Goethe eine bekanntlich hervorragende Rolle spielte. Auch stelle ich mir vor dass die Urteile gebildeter Familienmitglieder die ihre Kinder lehrten, wie Goethes Vater, oder bestallte Hauslehrer wie Hölderlin, in der Entwicklung der klassischen Literatur entscheidend mitwirkten. Darüber hinaus schäme ich mich zu bekennen, wie wenig ich von der Entstehung und Überlieferung der europäischen und und ins besondere der deutschen literarischen Tradition tatsächlich weiß. Als ich in der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts in diese Traditionen eingeweiht wurde, waren es vornehmlich die Universitäten, welche sie überlieferten, ein Vorgang der in Diltheys Konstatierung von Geistes und Naturwissenschaften seinen Gipfel erreicht. Die Professoren entschieden über welche Schriften, über welche Schiftsteller sie dozieren würden, und aus ihren Vorlesungen ergab sich welcher Schriftsteller Werke in die Gattungen der klassichen Literatur eingefügt würden. Die ersten meiner Schriften verfasste ich in englischer Sprache, und als diese keine Leser fanden, da ich zu der deutschen Sprache eine besondere Verwandtschaft fühlte, geschah es fast von selbst dass ich mich im Schreiben von deutschen Texten übte, und dies tat ich mit zunehmender Begeisterung, denn was ich schrieb schien mich in eine verlorene Heimat zurückzuversetzen. Und zugleich, da ich in auf Deutsch schrieb, in einer Sprache die in diesem Lande ohnedies nicht gelesen würde, diente die fremde Sprache die anderweitige gesellschaftliche Unannehmbarkeit meiner Schriften zu verhüllen. Denn wie wäre es zu erwarten gewesen dass ich in einem Englisch sprechenden Amerika überhaupt einen einzelnen Leser gefunden hätte, um von begeisterten Lesern ganz zu schweigen. Und doch meine ich mir darüber im Klaren zu sein, dass es letzten Endes nicht die Fremdheit der Sprache sondern die Fremdheit der Anschauung, die Fremdheit der Verfassung, die Ungewohntheit der Gedankenrichtung ist welche die Leser abspenstig stimmt. Anfangs machte ich bewusst den Versuch mich der besagten klassischen Tradition anzugliedern, indem ich den Stil der von mir so bewunderten Schriftsteller, Luther, Scheffler, Lessing, Schiller, Goethe nachahmte. Im Laufe der Jahre meinte ich zu beobachten, dass sich bei mir schließlich ein eigener Stil entwickelte. Ich muss mich fragen, und ich habe mich gefragt: mit welchem Sinn, zu welchem Zweck der erwähnte Netzort? Ich habe eine jedenfalls vorläufige Antwort. Als Muster möchte das zur Veröffentlichung beabsichtigte Buch gelten. Woher kommt es, was will es, wozu dient es? Wie bin ich dazu gekommen das Schreiben von Büchern als die leitende Aufgabe in meinem Leben zu schätzen? Das wesentlichste Erlebnis meiner Kindheit war die Entdeckung des Geistes. Ich entnahm das Wesen des Geistes von den Gesprächen, von den Auseinandersetzungen im Familienkreise meiner Jugend. Dabei entdeckte ich das Buch als Behältnis der Sprache. Anfangs, als Kind war mir das Buch die Schatzkammer des Geistes. Ich spürte die Notwendigkeit meine eigene Geistigkeit zu entwickeln indem ich selbst der Urheber von Gedanken wurde, indem ich selbst Bücher schrieb und sie zu veröffentlichen versuchte. Bei dem Versuch ist es geblieben. Meine veröffentlichten Bücher haben keine Abnehmer, haben keine Leser gefunden. Kaum ein einziges Exemplar wurde verkauft. Das Buch ist eine Mitteilung des Einzelnen, vorerst an einen anderen Einzelnen. Vielleicht aber nur nominell, denn tatsächlich ist es an viele, an eine Gesellschaft gerichtet und wird somit ein Teil einer gesellschaftlichen Überlieferung. Es wird zum Erbgut der Gesellschaft. Ich widerstehe es in die Herde einbezogen zu werden. Ich bin kein Wähler und ich habe kein Bedürfnis ein Gewählter zu sein oder zu werden. Wahl und Amt sind mir abhold. Ich sträube mich gegen die Herde. Ich will kein Herdenmitglied sein und weiß dennoch dass ich es bin. Ich weiß dass ich der Herde nicht zu entkommen vermag. Es widerstrebt mir mich als Herdenmitglied aufzuführen. Ich will weder führen noch will ich geführt werden. Dennoch bedarf, suche und ersehne ich eine Beziehung zu meinen Mitmenschen, vornehmlich als Einzelne, vielleicht aber auch als Gruppe, als Gesellschaft. Die Beziehung läuft in doppelter Richtung. Ich bedarf der Erziehung, der Paideia, des Einflusses der Menschen, als Schüler, als Student, als Lernender, Hörender, als Verstehender als Denkender. Vermag nicht in einem Vakuum, in einer Leere zu gedeihen. Vielleicht als Lehrer, aber bedacht, nur unter Umständen der Freiheit die nichts Ausgefallenes sein sollten, die aber etwas Ausgefallenes sind. Denn des Lehrers gesellschaftliche Aufgabe ist nicht den Schüler zu erziehen ein Einzelner zu werden, sondern ihn zum Herdenmitglied zu dressieren, abzurichten, in die Gesellschaft einzugliedern. Ihn erziehen so zu schreiben, so zu sprechen, so zu fühlen wie wir alle anderen. Das Ich in ein Wir zu verwandeln. Auch das empfände ich als sinnlos. Mein Schreiben ist mein Denken. Mein Denken ist mein Ich. Ich bin was ich denke und nichts sonst. Mein Denken ist mein Gebet an meinen Gott. Mein Buch ist mein Brief an meine Mitmenschen, als Einzelne aber auch als Gesellschaft. Sollte es denn wirklich etwas ausmachen, dass mein Buch von keinem gelesen wird. Wäre nicht meine Wahlstimme wenn ich sie 67 Jahre lang regelmäßig abgegeben hätte, bei jeder Wahl von Millionen meiner Mitwähler übertönt worden, egal ob sie mit mir oder ob sie gegen meine Stimme gewählt hätten. Mathematisch, objektiv bedacht, ist die Unwahrscheinlichkeit dass mein Geist einen entscheidenden gesellschaftlichen Unterschied, eine Veränderung bewirken möchte, geringer als die Unwahrscheinlichkeit, dass meine Wahlstimme einen entscheidenden gesellschaftlichen Unterschied, eine Veränderung bewirken möchte. Man bedenke, dass es sich beim Wählen lediglich um Worte, um Phrasen handelt, denen eine übertriebene Bedeutung beigemessen wird. Denn die Gemüter der Gesellschaftsmitglieder, oder vielleicht besser gesagt, das Herden- das Volksgemüt das in der SWahl zumAusdruck kommt, bleibt unverändert, wie auch die Strömungen welche die Weltordnung bestimmen. Dessen, dass ich als Schriftsteller versagt habe - um Betreffs des Versagens in anderen Bereichen, (ganz) zu schweigen, bin ich mir bewusst, bewusst auch der Zweideutigkeit der eigenen Lehre, des eigenen Dogmas, dass die Angleichung, die Assimilation, die Anpassung der Schlüsselbegriff sein möchte, der mir mein Überleben und Gedeihen ermöglicht. Nirgends bekommt diese Anpassung einen mehr überzeugenden Ausdruck als in der Fabel Äsops vom Fuchs dessen Enttäuschung über die Unerreichbarkeit der Trauben durch seine Mutmaßung sie wären sowieso zu sauer, gelindert wurde. Dies ist die naturgegebene Einrichtung mittels welcher das Leben unseres einen erträglich wird. Sich der Gunst, der Vorteile dieser Einrichtung zu bedienen bedarf keine(r) Entschuldigung. umso bedeutungsvoller wird es sein, die Art der vermeintlich zu sauren Trauben zu untersuchen. Im gegebenen Falle ist die ausbleibende Vergütung das Geld. Man möchte, nachdem man Monate oder gar Jahre auf des Verfassen eines Buches verwandt hat, für seine Mühen bezahlt werden; man wünscht die Veröffentlichung und den Verkauf so vieler Exemplare wie möglich. Und neben dem Geld das die Veröffentlichung nach sich zieht, kommt der Ruhm der nicht nur der Selbstachtung, dem Selbstgefühl schmeichelt, sondern allerlei finanzielle Vorteile bietet. Man wird aufgefordert gegen Honorar Vorträge zu geben, Reden zu halten. Durch das Bekanntwerden des Namens steigt der Umsatz der Veröffentlichung, und nicht nur der letzten. Schließlich bekommt man einen Ruf zu einer Professur an einer namhaften Universität. Man wird bekannt, und mit dem Bekanntsein, da es sich auch jenseits des Lebens zu erstrecken verspricht, kommt die scheinbare, die virtuelle Unsterblichkeit. Wie sollte man nicht enttäuscht sein all das zu entbehren, weil man in allem, das man einst erstrebte, versagt hat? Was bleibt ist die Betrachtung, das Verstehen, das Verständnis. Auch das Verständnis der eigenen Unzulänglichkeit, und besonders dieses. Denn worauf es ankommt, worum sich alles dreht, wohin alles zielt, ist das Leben, das Leben in seiner Größe aber auch in seiner Beschränktheit, mit seiner Gesundheit und trotz, oder sogar wegen, seiner Krankheit. Denn das Geheimnis ist dies: Bewusstsein ist Betrachten und Verstehen. Bewusstsein ist Leben, und ebenso sind Betrachten und Verstehen. Leben ist Betrachten und Verstehen gewiss, des Lebens, aber gleichfalls ist Betrachten und Verstehen des Todes das Leben; und insofern dies der Fall ist, möchte man das fast Selbstverständliche behaupten, dass nämlich bei Lebzeiten, der Tod vom Leben überwunden ist. Womit keineswegs geleugnet werden soll, dass es am Ende der Tod ist der über das Leben siegt. Im Anfangsabsatz schrieb ich, dass die Notwendigkeit eines Vorworts der Schlüssel zu einem weitreichenden Geheimnis sein möchte, ein Geheimnis welches vielleicht jetzt endlich erschlossen wäre insofern es sich ergeben hätte, das Schreiben und Lesen, das Denken, das Betrachten und das Verstehen, die Substanz, das Wesen des geistigen Lebens darstellen, wo nun dies Vorwort das Betrachten und Verstehen der mannigfaltigen Schriften dieses Netzorts zusammenfasst. Die am Netzort gespeicherten Dokumente sind Spiegelbilder eines entfernten Erlebens. Es ist aber möglich und letzthin notwendig, außer und anstatt des Erlebens der Bilder, oder gar statt dessen was die Bilder darstellen, die Zusammenstellung des Netzorts als primär, als wesentlichster, als wesentlichstes zu erleben. Und in diesem Sinne ist das Vorwort grundlegender als die Netzortsammlung. Nicht was der Text sagt ist echt, sondern dass er es sagt, und wie er es sagt sind echt. Sprechen, Schreiben, Lesen und Hören sind echt. Das Lesen ist oftmals ein Erleben welches mich mit dem Vergangenen verbindet. Nicht die erzählte Handlung ist wirklich (erlebbar); sondern das Erzählen und das Wahrnehmen des Erzählten als solches sind wirklich erlebbar. Denn das Sagen und Schreiben, das Hören und Lesen sind unmittelbares Erleben. In der "Unwahrheit" der Dichtung, der Erzählung, des Romans, des Gedichtes besteht seine Wahrheit. Das Vorwort ist wichtig und wahr weil es auf das Schreiben und Lesen hinweist, nicht auf das Beschriebene. Das Besungene wird nicht wirklich im Gesang, sondern wirklich ist immer nur das Singen. Das Dokument ist bedeutend als Zeugnis des Erlebens zu der Zeit wenn es geschrieben wird. Danach ist das Dokument sinnlos bis es gelesen wird. Zur Zeit des Lesens hat das Dokument Bedeutung anders als zur Zeit des Schreibens, Bedeutung welche durch die jeweilige Verfassung des Lesers gefärbt und verwandelt wird. Das Vorwort muss seinem Wesen gemäß als Schnittstelle dienen zwischen mir als dem Verfasser der Gedichte, Aufsätze, Geschichten und Romane und den veröffentlichten Sachen ob in Formen von Briefen, Büchern, oder in dem objektiven Gefüge des ganzen Netzorts. So manches das mir in subjektiven Gedanken, Vorstellungen und Anschauungen vorschwebte, geht in der nüchterem objektiven Sachlichkeit des Netzorts verloren, indessen die Gesamtheit, die Vollständigkeit des umfangreichen Romanes, um von dem umfangreichen Netzort ganz zu schweigen, die begrenzten Fähigkeiten meines Erinnerns, Begreifens und Verstehens übertrifft (übersteigt). Das Dokument, der Aufsatz, der Brief, das Gedicht, die Geschichte, der Roman, und zuletzt der Netzort selbst, ist Mitteilung, ist ein Bericht, der Sinn bekommt, nur wenn er vom künftigen Leser gedeutet wird. Des Lesers Wahrnehmen Deuten und Verstehen des Netzorts wird wiederum zu einer Schnittstelle zwischen dem objektiven Bestehens des Berichts und dem subjektiven Verständnis des Lesers. Die Aufgabe des Vorworts ist auf diese beiden kritischen Schnittstellen von Objektivem und Subjektivem, von Bericht und Verstehen, festzustellen. Mir sind die Geschichte Deutschlands, die Geschichte Amerikas, und die Geschichte überhaupt, nur als Ausstellungen von Herdenethik verständlich. Wie Herdenethik Menschenhandlungen verständlich macht, wie Herdenerkenntnis Menschenwissen verständlich macht, so ist Herdenwirklichkeit die Gegebenheit in der die Menschen leben. Wie Herdenethik das Gesetz zum Maßstab der Tugend macht, so macht Herdenwissen das Zeichen, das Symbol, zum Maßstab der Wahrheit, und so macht Herdenwirklichkeit den Bericht, die Geschichte, die mathematische Formel, das Symbol, sei es rechnerisch oder erzählerisch, wegen seiner Mitteilbarkeit zum Prüfstein des Wirklichen. Hingegen, in der Ethik des Einzelnen ist das Gewissen der Prüfstein des Guten, im Wissen des Einzelnen ist Anschauung der Prüfstein des Wahren, in der Welt des Einzelnen ist das Erleben der Prüfstein des Wirklichen. Mir scheint die Beziehung von Einzelnem und Gesellschaft als Kern der geistigen Problematik. Dass andere Kerne dieser Problematik entdeckt oder erfunden werden möchten, halte ich für möglich, wenn nicht gar wahrscheinlich, befindet sich aber, in Anbetracht der eigenen Beschränkungen, jenseits meiner Fähigkeiten. Das intuitive Wissen des Einzelnen ist ihm unmittelbar überzeugend, ist aber dennoch unmitteilbar. Das vornehmlich mitteilbare symbolische Wissen der Gesellschaft ist seinem Wesen gemäß dem Dahinschwinden anfällig. (is susceptible to evanescence) Es ist der Verflüchtigung preisgegeben insofern es nicht den Wissenden assimiliert, (und vom Wissenden assimiliert wird,) insofern es ihm nicht zwingend intuitiv wird. Die Einbeziehung des Geistes einer Gesellschaft in das Wesen des Einzelnen ist unleugbar, selbst wenn dieser Geist der Gesellschaft sich nur am Einzelnen offenbart, und nur durch den Einzelnen erkennbar ist. Denn dass in bestimmter Hinsicht das geistige Leben des Einzelnen nur als Teil eines gesellschaftlichen Ganzen verständlich wird, erscheint am grundlegendsten an der Sprache.