From: Bernd Strangfeld To: Ernstmeyer Subject: Es weihnachtet sehr... Date: Fri, 14 Dec 2018 19:59:29 +0100 (12/14/2018 01:59:29 PM) Lieber Jochen, kennst Du eigentlich dieses Erzählgedicht von Theodor Storm? Es gehört für mich unbedingt zur Adventszeit, und jedes Jahr überprüfen wir, ob wir es noch auswendig können. Es zeigt so schön, dass die populären himmlischen Wesen auch ganz schön zu tun haben in den Wochen vor Weihnachten.Früher waren wir ja immer alle mächtig beschäftigt haben die Abende bis spät gearbeitet, gestrickt, gebastelt, immerzu irgend etwas versteckt und "Achtung, Augen zu!" gerufen, wenn jemand unangemeldet ins Zimmer kam. Es war aufregend und geheimnisvoll; ein bisschen besorgt waren meine Schwester und ich, ob wir noch alles schaffen würden. Einmal konnte ich den zweiten Socken für sie erst nach Neujahr nachliefern. - Meine Eltern hatten großes Talent darin, eine heimelige, vorfreudige, festliche Atmosphäre zu schaffen. Noch heute freue ich mich auf diese Zeit, obwohl der Inhalt ja nun fehlt - Bernd und ich singen nicht mehr unsere traditionellen Lieder, in denen sehr viel von Schnee und kalten Winternächten und künftigem Leben unter dm Eis die Rede war, wir waren nicht sehr christlich gesonnen, und anstatt einer Krippe gab es die Figuren von Hänsel und Gretel, der Hexe mit Katze, Tannen, Rehen und natürlich dem Hexenhaus, aber nicht aus Lebkuchen, der dann später barbarisch verspeist wurde, sondern aus Holz, echt bemalt und immerwährend, alles das Werk meiner Mutter . Heute morgen telefoniertte ich mit Sarah, einer Freundin in England, die wir in St.-Pierre kennengelernt haben. Sie hat Geburtstag, aber das eigentlich brennende Thema ist der Brexit. Sie schüttelt sich vor Entsetzen über das, was Politiker dem Volk eingebrockt haben , und hofft immer noch ein wenig auf ein Wunder, auf ein weiteres Referendum. Leider kann man daran nicht so recht glauben. Morgen früh - hoffentlich ziemlich früh, wir finden in allerletzter Minute immer noch so vele kleine Dinge zu tun - Brechen wir auf nach Murnau am Staffelsee im schönen Bayernland, haben dort eine Wohnung am Rande des Ortes auf einem ehemaligen Bauernhof gemietet für 2 Wochen und sind jetzt noch mächtig am Packen. Aber es sieht gut aus. Bernd hat sich entschlossen, seinen Kontrabass mitzunehmen, da kann er wenigstens ab und zu sich ein wenig vervollkommnen. Wir wollen die besondere bayerische Vorweihnachtsstimmung erleben, ein paar Barockkirchen, Musik, fröhliche Feierlichkeit. Im übrigen den Eibsee sehen (seit meiner Kindheit kenne ich den von einem kleinen Margarinebildchen und habe ihn immer geliebt, nun werde ich ihm hoffentlich nahekommen), etwas wandern, lesen, Musik hören, es uns gemütlich machen. Du wirst Dich in Erinnerungen vertiefen, stelle ich mir vor, und hoffentlich auch etwas Freude haben! Wir wünschen Dir eine gute Zeit, nur mäßig Schnee, keine schmerzenden Gelenke, Hoffnung auf ein freundliches, friediches neues Jahr. Sei ein bisschen feierlich umarmt undvielmals gegrüßt von Deinen Gertraud und Bernd.