From: Ernst Meyer To: nihoni@icloud.com Subject:am 16. Dezember 2018 Date: Sun, 16 Dec 2018 13:29:35 -0500 nihoni@icloud.com am 16. Dezember 2018 Lieber Herr Nielsen, Ihrem Sohn, Ihrer Schwiegertochter, Ihrer Frau und vor allem Ihnen, herzlichen Dank für die Einladung zur gestrigen Weihnachtsfeier an die sich mein altes faules Gedächtnis auf unabsehbare Zeiten erinnern wird, vielleicht sogar fast bis zuletzt. Sie erwähnten meine Würdigung Felix Krulls. Heute Mittag denke ich darüber nach, und entdecke in meiner Erinnerung Schillers Lob der goetheschen Iphigenie: Ganz verteufelt human! und höre Schillers Ablehnung des Hochstaplers Krull in den Worten meines Vaters: Das hat mit mir nichts zu tun. Schiller zwar nicht, aber der Kleist des Amphytrion hätte meine Zuneigung geteilt. Seit Jahren hält der Widerspruch zwischen Gesellschaft und Ich, zwischen dem Äußeren und dem Inneren, zwischen Objektivität und Subjektivität, mein Denken in Bann und drängt sich mir auf als theologische Vorlage für das Schicksal des Erlösers. Im Bereich unser aller Durchschnittlichkeit aber, findet der Widerspruch zwischen Gesellschaft und Ich nur unter außerordentlichen Umständen Beleg, denn laut Hölderlin: "listet die Seele Tag für Tag der Gebrauch uns ab." (Der Abschied). Diese Lücke in dem Erleben als Mitglied und als Außenstehender in welcher der gewöhnliche "durchnittliche" Einzelgänger sich befindet, der statt als Held, als Gauner gegen die Gesellschaft protestiert, wird, meinem Empfinden gemäß, von Felix Krull in eulenspiegelhafter Weise besetzt. Lieber Herr Nielsen, bis auf Sonnabend und Sonntag, wann mein Sohn und ich auf Nantucket sind, bin ich zuhause, nebenan und zu Ihrer Verfügung; bin aber gedenk wie kurz die Zeit Ihres Hierseins, die Sie vielleicht für Ihre Kinder und Enkel benötigen. Ihnen allen, Fröhliche Weihnachten! Jochen Meyer