Subject: am 9. März 2019 From: Ernst Meyer Date: 03/09/2019 03:46 PM To: Niels Holger Nielsen am 9. März 2019 Lieber Herr Nielsen, Dank für Ihren Brief, und besonderen Dank für Ihre Nachsicht mit meinen verantwortungslosen Vorschlägen.  Ich bin kein Missionar, will keiner werden.  Hab kein Bedürfnis Sie zu meinen "Ansichten" zu bekehren, wenn nur weil es mir notwendig ist diese "Ansichten" wie alle andere Kleidung, regelmäßig zu wechseln.  Die seelische Hygiene macht's erforderlich.  Sollten wir nicht unseren Briefwechsel wie ein Spiel betrachten wo jeder von uns den Gedanken der ihn jeweils beschäftigt wie einen Tennisball über das wassrige Netz schlägt? Besonders in Betreff auf die unlöslichen Zeitfragen, Vergangenheit, Gegenwart und Gleichzeitigkeit. Weiter bedacht scheint mir "Gleichzeitigkeit" ein Wort das sich selbst widerlegt. Gleichzeitig wäre lediglich der unfassbare gegenwärtige Augenblick. Hingegen beziehen sich Betrachtung, Besprechung, Beurkundung unvermeidlich auf Vergangenes. Abgesehen von möglicher Gleichzeitigkeit des Hörens Sehens und Bedenkens, ist, sei es als Erzählung, als Geschichte, als Wissenschaft, oder als Mythos, Vergangenheit der gemeinsame Nenner unseres geistigen Zusammenwirkens, und ist es schon immer gewesen. Wenn ich mir Kierkegaards Denken und Leben vergegenwärtige, dann mutet mich der Kirchenstreit als "Zurücknahme" von Samtidighet an, auch schicksalhaft, tragisch, im Sinne Adrian Leverkühns. Vorfrühlingsgrüße an Sie beide. Jochen Meyer * * * * * *