19970722.00
Herkoemmlich soll die Erklenntnistheorie, ganz im
aristotelischen Geist, den Urgrung des Wissens entdecken und
beschreiben, damit thereupon daraufhin ein umso hoeheres
breiteres tieferes gueltigeres, sichereres Wissenbgebaeude
aufgezogen werden moechte (koennte). Denn nach Aristoteles ist
das Wissen des Ursprungs, das Wissen der archai edler, hoeher,
wirkungsvoller als das Wissen der niedrigeren Einzelheiten und
praktischen Anwendungen.
Ach, wir Physiker glauben das heute nicht mehr. Wir Aerzte
haben ja schon lange nicht mehr, und dem rechten hippokratischen
Sinne getreu, nie daran geglaubt, und wir Mathematiker muessen
uns nun langsam daran machen, die harte Nusz zu knacken; und zu
begreifen wie es in der Mathematik nicht anders vor sich geht als
mit allem anderen begrifflichen geistigen Hantieren (Taetigkeit).
Es ist wohl in Folge der stets wachsenden
Bevoelkerungsdichte, in Folge moderner Verkehrs- und
Mitteilungsmittel geschehen, dasz kein einziger menschlicher
Geist es mehr vermag das weite Gebiet des Wissens zu
ueberblicken; dasz wir die Hoffnung es im aristotelischen Sinne
Ursachlich zu ergruenden laengst haben aufgeben muessen. Und auf
der Unmoeglichkeit einer solchen Ergruendung folgt wie im
aesopschen Maerchen, die Einsicht, dasz es auch garnicht noetig
ist.
Wir blicken also umher; wir sehen die Errungenschaften
(achievements) der Wissenschaft; wir erkennen dasz sie sind, dasz
sie vom Menschgeist geschaffen wurden, und wir sehen dann leicht
und schnell, dasz es nicht ein Einzelner war, der dies geschaffen
hat, so sehr wir auch heute noch den Einzigen, den geistigen Held
den Newton oder Einstein suchen und feiern, (vor allem um uns die
Menschlichkeit dieses Unternehmens zu verbuergen.) Dasz es vor
allem die Mitteilungsmittel sind die welche die Verstaendigung
zwischen den Menschen ermoeglichen, die welche ermoeglichen dasz
tausend Ingeniieure denken und wirken wie ein einziger; dasz die
Wahrheit des Vermittelten in seiner Wirksamkeit liegt,
Es ist nun offenbar, dasz das
(technische)(wissenschaftliche) Wissen ein Aufgeben der eigenen
Empfindungen, Ansichten, Erklaerungen bedeutet; ein Aneignen,
Einueben, sich Vertiefen in und verschmelzen mit dem
gesellschaftlichen Geistesgut. Wie und wo waere da die Wahrheit
zu finden?
Es bilden sich aus diesem Schema dann ja auch verschiedene
Wahrheiten heraus. Zum ersten die allgemeine, wissenschaftliche,
objektive, gesellschaftliche Wahrheit. Man sieht aber auf allen
Gebieten, auf manchen leichter als auf anderen, dasz diese
"Wahrheiten" nicht unwandelbar sind; dasz sie wenn auch nicht von
Tag zu Tag, so doch von Jahrhundert zu Jahrhundert, die eine
Wahrheit duch die andere abgeloest wird, weil sie ja
Uebereinkuenfte, - also hat Protagoras doch recht behalten, - der
menschen ueber ihre Erlebnisse und Erfahrungen sind.
Wenn etwas "ewig wahres" an diesen Wahrheiten ist, so waere
dies denn vielleicht (nur) deren subjektive Notwendigkeit. ewig
also, unveraenderlich und unsterblich auszerhalb der Zeit, wie
die Subjektivitaet des Menschen selbst.
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Indem ich so schreibe, indem ich eben den Sprung vom der
Beschreibung (Analyse) des Wissenschaftlichen zum Existentiellen
gemacht habe, faellt mir auf, wie doch diese Beschreibungen die
ich ausgefuehrt habe, einer Art Dichtung gleichen, indem die
Saetze und Absaetze, die Worte und Gedanken, letzten Endes ihre
Gueltigkeit nicht darin haben dasz sie unanfechtbarer Ausdruck,
Verwirklichung Darstellunf Exhibition eines begrifflichen
Schemas, einer Logik, einer Mathematik sind, so
bewundrungswuerdig dergleichen Kunststeucke auch sein moechten,
sondern dasz letzten Endes ihre Bedeutung darin liegt., dasz in
den verzweigten labyrinthischen Gaengen des Gemuets einen
Widerhall haben, dasz sie mir eine Haltung, eine Richtung, ein
gedanklliches und gefuehlsmaesziges Verhalten vorschlagen,
ermoeglichen, ein Verhalten das mich befriedigt, und daran ich
mich ergoetze, das mir lebensunterstuetzend ist; (which is
supportive of my life.)
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So kommt es denn doch darauf hinaus, dasz die Subjektivitaet
die Wahrheit ist; oder jedenfalls eine Wahrheit, deben, und
vielleicht hoeher als die objektive sachliche, weltliche,
wissenschaftliche Wahrheit. Eine logische Problematik entsteht
nunb daraus, dasz die beiden so verschiedenen Wahrheiten die
subjewktive und die objektive, dennoch mit einunddemselben Worte
bezeichnet werden; und dies aus dem guten Grunde, dasz diese
beiden Wahrheiten ind vergleichbarer Weise, vielleicht in
taeuschend vergleichbarer Weise, im Gemuet des menschen wirken,
so dasz es vielleicht doch nur eine Wahrheit gibt, eine Wahrheit,
die zwei oder mehr als zwei Seiten hat; eine Wahrheit die in
falschem und in rechtem Lichte gesehen werden mag, eine Wahrheit
also um die man sogt, leidet und streitet, wegen ihrer
Mehrdeutigkeit.
Es besteht ja in Bezug auf das Wissen (jeweils, stets,
immer) ein Konflikt, ein Zwist; weil das Wissen einerseits
beansprucht allgemeingueltig, universell zu sein. Weil es
andererseits aber mein eigenstes, innerstes ist, und als solches
im Widerstreit mit allem oeffentlichen und allgemeinen; weil ich
allein, persoenlich es zu besitzen beanmspruche, waehrend es doch
tatsaechlich das Ergebnis der Anstrengungen vieler Menschen, ja,
letzten Endes der ganzen menschlichen gesellschaft ist, die sich
ihrem Wesen nach nicht begrenzen laeszt.
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