19971102.00
Empirische Ethik im Vergleich mit ideologischer Ethik
Prototypisch fuer die herkoemmliche Ethik sind die zehn
Gebote, Vorschriften was der Mensch tun und lassen soll. Dazu
die anschlieszenden Mosaeischen Gesetze welche die Handlungsweise
des Volkes Israel in noch kleinlicherer Weise regeln sollen. Das
immer wieder erschallende "Du sollst" beansprucht dem Menschen
Weisung und Vorschrift zu erteilen nach denen zu handeln nach
denen sich zu richten er verpflichtet ist. Eine solche Ethik
nenne ich ideologisch, weil sie Pflichten des Menschen im Rahmen
einer umfassenden Theorie zu bestimmen meint.
Eine solche Ethik beruht auf der Voraussetzung der
Autoritaet; naemlich dasz es eune schlechthinnige Tugend gibt,
(an absolute good) dasz diese Tugend erkennbar und in gewissem
Masze jedenfalls erreichbar ist. Dasz Befolgung des
Vorgeschriebenen belohnt, und dasz Uebertretung des
Vorgeschriebenen bestraft wird. Die Gesetzgebung von den auf dem
Berge Sinai erlassenen Tafeln bis zur unwesentlichsten Regelung
einer zeignoessischen Behoerde, oder zu Spielregeln, oder zu den
Klassenzimmerregeln welche der Paedagoge als Notbehelf sich
zusammendichtet, sind als vorschreibende, autoritaere Ethik
durchaus vergleichbar. Sie alle sind Ausdruck eines ideologisch
getriebenen Denkens das sich seit jahrtausenden schon praktisch
bewaehrt hat.
Was sich heutzutage als Ethik ausgibt, dasz ist der
systematische Versuch diese praktisch wirksame, autoritative
Ethik theoretisch zu rechtfertigen und zu begruenden. Und dazu
bedarf es einer Erklaerung, "weshalb" der Mensch so und nicht
anders zu handeln gedrungen sein sollte. In der juedischen
Ueberlieferung ist die Antwort einfach, - oder unendlich
verwickelt: Gott. Es ist Gottes Gebot das zu befolgen der Mensch
verflichtet ist, weil er ein integraler Bestandteil von Gottes
Schoepfung ist, und weil er dem Willen Gottes - oder den Gesetzen
der Schoepfung zuwider nicht zu bestehen vermag. Diese Behauptung
ist plausibel annehmbar glaubhaft glaubwuerdig einleuchtend
glaublich
Der ideologischen Ethik stelle ich eine empirische Ethik
entgegen, welche bar aller Vorurteile die Handlungsweisen der
Menschen, ihre Triebfedern (Antriebe) Gruende, Begruendungen,
Zwecke, Ziele, Resultate, Erfolge und Miszerfolge (Fehlschlagen)
betrachtet und beschreibt und zu verstehen bestrebt, bar jedes
Urteils. Warum sollte man nicht die Psychologie und die
Soziologie, welche die Taetigkeiten des Einzelnen bezw. der
Gesellscht auf diese Weise zu betrachten beansprucht als die
eigentliche empirische Ethik anerkennen? Der Grund ist, dasz
beide, die Psychologie nicht weniger als die Soziologie sich der
Leidenschaften welche das Leben bewegt aus eigenen ideologischen
Gruenden systematisch verschlieszen, weshalb sie ein verzerrtes
und fast unkenntliches Bild vom Menschsein liefern, und wenig
oder garnichts zum Vedrstaendnis des Menschen beitragen.
Dementsprechend waere vielleicht eine Ethik wie ich sie imm Sinne
habe, die wirkliche Psychologie und Soziologie.
Eine weitere Eigenschaft dieser Wissenschaften ist, dasz sie
grundsaetzlich davon absehen sich auf das Wissen des Einzelnen zu
beschraenken, dasz sie vielmehr in systematischer Weise
beanspruchen darueber hinauszugehen, eine Forderung welche fuer
die Wahrheit vernichtende Folgen hat.
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