19980306.01
In Angesicht dieser so unverkennbaren Gebundenheit des
Willens durch Gedanken und Vorstellungen, aendern sich die
Fragestellungen. Es ist nicht mehr angebracht (treffend,
passend) zu fragen ob der Wille frei sei, sondern wie es zu
erklaeren ist, dasz wir uns gedrungen fuehlen, diese Tatsache zu
leugnen; und was es ueberhaupt bedeutet ueber Ethik zu schreiben,
wenn es doch so offensichtlich ist, dasz wir uns betreffs der
Freiheit des Willen taeuschen;
Die Erklaerung, wie mir scheint, ist naheliegend: Unsere
Handlungen sind zwar nicht frei; jedoch sind sie an undere
Vorstellungen gebunden, und diese Vorstellungen von uns selbst
und unserer Welt, welche unser Gemuet beschaeftigen,
identifizieren wir mit uns selbst: setzen wir uns selber gleich;
und wenn ich nun meinen Vorstellungen, meine Vorsaetzen
entsprechend handele, meine ich selbststaendig, aus mir selbst zu
handeln, meinem freien Willen entsprechend. Dasz die Gesinnungen
welche ich meinem Ich gleichsetze tatsaechlich erworben
(acquired) sind, und keineswegs mir eigen (native), will ich
nicht wahr haben; denn mein Selbstbewusztsein straeubt sich gegen
eine solche Knechtschaft.
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