19981226.01

     Vielen Dank fuer Euere Weihnachtsgruesze, aus denen ich
entnahm, dasz es Euch gesundheitlich (einigermaszen) gut geht.
Da ich nichts von Euch gehoert hatte, - warum sollte ich auch, da
Ihr so selten von mir zu hoeren bekommt, - hatte ich angefangen
mir Sorgen um Euch zu machen und Vorwuerfe Euch so lange Zeit
nicht geschrieben zu haben.

     Mein Leben ist augenblicklich von einem anspruchsvollen An-
und Umbau unseres Hauses beherrscht, ein Unterfangen das
beabsichtigt das ohnehin schon betraechtliche Flaechenausmasz des
Hauses etwa zu verdoppeln, dies durch die Anlage eines
dreistoeckigen Querbaus welcher vergleichbar mit dem Strich ueber
einem "T", oder, wenn Ihr wollt, vergleichbar mit dem Querschiff
einer kreuzfoermigen Kirche, der Suedwand unseres Hauses
beigefuegt werden soll.

     Das Baugeruest ist fast vollstaendig, das Dach ist
abgedichtet, in wenigen Tagen sollen die Fenster eingesetzt
werden. Das Groeszenwahnsinnige an diesem Unternehmen ist nicht
nur seine Groesze, vergebens von etlichen Nachbarn bei den
staedtischen Baubehoerden beanstandet, sondern mein Vorhaben die
Wasserversorgungs und Abfluszanlage, die elektrische Anlage, die
Heizungs- anlage, und die Kuehlanlage (air conditioning)
saemtlich selbst einzubauen.  Ihr versteht also weshalb ich nicht
geschrieben habe, und weshalb ich auch jetzt nicht ausfuehrlicher
schreibe. Fuer mein Projekt gibt es keine Entschuldigung anders
als den Wahnsinn; wobei dahin gestellt bleiben musz, ob Wahnsinn
vor der Strafe entlastet oder selbst Strafe ist.

     Wie alledem auch sei, wenn das Haus fertig ist, werden
Margaret und ich mit Klemens und seiner Familie die Behausung
tauschen.  Sohn und Enkelkinder und Schwiegertochter sollen das
Haus mit den neun Schlafzimmern und fuenf Badezimmern beziehen.
Margaret und ich begeben uns in das einst fuer meine Eltern
erworbene und seit Jahren von Klemens und Familie bewohnte kleine
Haus nebenan.  Bei all meinen Bemuehungen besinne ich mich des
von Thomas Mann (in Buddenbrooks) zitierten niederdeutschen
Sprichworts: Wenn das Haus fertig ist, kommt der Tod.

     Am ersten des Monats erhielt ich einen eingeschriebenen
Brief, der mir mitteilte, dasz da das Gebauede in welchem ich
seit fuenfundzwanzig Jahren meine Prazisraeume miete verkaufte
wurde, mein Mietsvertrag gekuendigt ist. Der neue Vertrag den man
mir anbietet soll im Jahr zweiundvierzigtausend Dollar kosten.
Demzufolge werde ich im Laufe die Fruehjahrs das Biszchen Praxis
das mir geblieben ist nach Belmont verlegen, erst in den
erweiterten "Palais Meyer", wie Gertraud es einst nannte, spaeter
in das kleine Haus nebenan.

     Zu einer Reise nach Deutschland machen wir, erklaerlicher
Weise, im Augenblick keine Plaene, aber ich hoffe, dasz wir sie
dennoch in nicht allzuferner Zeit werden einrichten koennen, und
dasz wir dann die Gelegenheit schaffen koennen, uns mit Euch zu
treffen.  Inzwischen wuenschen wir Euch alles Gute fuers Neue
Jahr.

                            * * * * *

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