19990425.00
Das Wort Widerspruch allein schon besagt die
Auseinandersetzung zweier Personen, (Subjektivitaeten), besagt
also das gegeneinander Sprechen, das Gespraech, die Dialektik.
Hierin liegt die tiefe Wahrheit der Dialektik: (ob Hegel sie
vielleicht doch erkannt hat?) naemlich, dasz das Widersprechen
zweier Personen das einige objektive Begriffsschema in zwei
widerstreitende Thesen aufloest, logisch also die Gueltigkeit
einer beide Beteiligten bindenden Aussage aufhebt; das heiszt,
das Objektive aufhebt. Was uebrig bleibt sind (nur) die sich
gegenseitig bestreitenden, widersprechenden Thesen der
Gespraechspartner: Thesen die je nur fuer den der sie ausspricht
Gueltigkeit besitzen: in diesem urspruenglichen Sinne also
subjektiv, persoenlich, innerlich. Sie vermoegen unbestritten
das Licht des gemeinsamen Geistes nicht erblicken; und dasz sie
bestritten sind heiszt ja, dasz sie sachlich, objektiv aufgehoben
sind.
Es ist also unmoeglich, die Dialektik zu vermeiden. Sie
entspringt dem Wesen der sich zu widersprechen genoetigten
Menschengeister. Ebenso unmoeglich ist es denn auch die
Dialektik aufzuloesen. Eine "Synthese" ist eine Aufloesung der
Dialektik in nur sehr oberflaechlichem Sinne; recht eigentlich
eine Metabasis eis allo Genos, indem ein Erleben das den beiden
sich gegenseitig Widersprechenden gemeinsam ist, die Dialektik
ueberflutend, sie auszuloeschen scheint. Tatsaechlich aber
agiert die Dialektik, die individuelle Meinungsverschiedenheit
auf unsichtbaren, unscheinbaren Ebenen fort, um wie ein
gedrosseltes Feuer an neuem, vielleicht unerwartetem Orte wieder
hervorzubrechen.
So wirkt die Dialektik als der ueberzeugendste Beweis fuer
die Existenz und die Gueltigkeit der Subjektivitaet.
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