19990428.00
Es ist nicht der geringste unter den Irrtuemern,
vorauszusetzen, dasz die Subjektivitaet, die Innerlichkeit, wenn
sie erkannt werden sollte, eben als solche, inwendig verborgen,
als Subjektives wahrzunehmen sei. Subjektivitaet erkennt ein
jeder Mensch nur an sich selber In der Oeffentlichkeit, coram
publico, kommt Subjektivitaet als Streitigkeit zum Ausdruck.
Der Schatten, die Projektion (projection) des Subjektiven in
die objektive Welt ist die Verschiedenheit der Menschen
untereinander; so ist die Uniformierung die Leugnung, die
Unterdrueckung der Subjektivitaet. Wenn Menschen Uniformen
tragen, so heiszt das, dasz sie nicht ihr eigenes Erleben sondern
die Interessen, die Ansprueche der Gesellschaft vertreten.
Die gesellschaftliche Uneinigkeit ist Ausdruck der
Subjektivitaet im Praktischen (in der Praxis) ebenso wie der
Widerspruch Ausdruck der Subjektivitaet im Theoretischen ist.
Heraklits Spruch ueber Eris als Ursprung aller Dinge (?allen
Lebens?) Die Subjektivitaet, das Selbstsein der Menschen macht
bei aller Christenliebe, bei aller agape, die Uneinigkeit, die
Streitigkeit unvermeidbar, eine Tatsache, die ja dann auch in
Kierkegaards eigenem Leben aufs dramatischste, lebhafteste zum
Ausdruck kam.
Es gilt also einen vorsichtigen Unterschied zu ziehen, (draw
a distinction), zwischen der Naechstenliebe und der
Vergesellschaftung, indem die Naechstenliebe Ausdruck der
Subjektivitaet ist, die Vergesellschaftung hingegen
Unterdrueckung, Unterjochung der Selbstheit zu gunsten der
Gesellschaft.
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