19990622.00 Was verstehe ich unter Glauben, Wissen und Koennen? Wie uebersetze ich diese Ausdruecke in eine andere Sprache, z.B. ins Englische? Wenn ich versuche ueber mein Erleben begrifflich ins Klare zu kommen, so faellt mir gleich am Anfang auf, dasz alle meine Gedanken, alle Beschreibung und Zergliederung unvermeidlich (inescapably) in herkoemmlichen Begriffen und Worten verankert sind; dasz Denken und Verstaendnis unumgaenglich durch die Worte derer ich mich bediene beschraenkt und bestimmt werden. So dasz letzten Endes mein Denken, ja mein Verstehen, vielleicht doch wenig mehr als Erweiterungen (expansions) der Worte und Begriffe sind ueber welche ich verfuege. Daher die grosze Bedeutung der Sprache; dasz sich im Griechischen, oder im Deutschen manches denken laeszt, dasz im Lateinischen oder im Englischen undenkbar ist. Daher die Schwierigkeit, wenn nicht gar Unmoeglichkeit der Uebersetzung, bei welcher manchmal das Gedachte, wenn es die Uebertragung ueberhaupt uebersteht, schwer verstuemmelt wird. unter anderen Umstaenden aber stark vermehrt, moeglicherweise bereichert wird, unter fast allen Umstaenden jedoch voellig verwandelt. Die Kritiklosigkeit - the uncritical manner - mit welcher die Uebersetzung als gleichwertig mit dem Original anerkannt wird, ist ueber das Deuten und Verstehen der Texte sehr aufschluszreich, denn es besagt ja, dasz der Verstehensinhalt nicht vom Text, sondern vom Leser bestimmt wird, und dasz die Einheit des Verstandenen, welche das veroeffentliche Buch zu bezeugen scheint, eine Taeuschung ist. Tatsache scheint zu sein, dasz an Hand eines Textes ein jeder seine eigene Vorstellung entwickelt, und dasz obgleich der text der gleiche ist, die Vorstellung die er anstiftet doch je nach der Verfassung des Lesers eine verschiedene ist. Diese Einsicht hast fuer die Hermeneutik ins besondere, und fuer die Philosophie im allgemeinen schwerwiegende Folgen. * * * * *

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