19990623.00
Betreffs der wiszbaren Tatsache gibt es drei
Verhaltungsweisen. Sie sich anzueignen, sie zu gebrauchen
(benutzen), und sie zu verstehen.
Ungeachtet aller Muehe, aller bewuszten Anstrengung, die ich
aufs Lernen verwende, mittels welcher ich mich bemuehe, das noch
fremde Wissen mir anzueignen, ist das Lernen dennoch ein
unbewuszter (unconscious) Vorgang, der nicht erzwungen werden
kann. In einem Augenblick stehe ich dem Ungewuszten befremdet
und ratlos gegenueber, im naechsten Augenblick duenkt es mich ein
selbstverstaendlicher Bestandteil meines Gemuets. So ist,
ungeachtet der aufwendigen Bemuehungen in Schulen und auf
Universitaeten, das Lernen ein unbewuszter, selbstverstaendlicher
Vorgang, welchen zu beschleunigen die formelle Ausbildung
eingerichtet ist; obgleich denn diese in dieser Beziehung nicht
immer ihre Zwecke erfuellt. Um sinnvoll zu sein, musz die
Tatsache, verstanden werden; die Tatsache selbst ist nicht das
Wissen, sondern ist ein Mittel zum Wissen. Die Tatsache ist des
Wissens aeuszerliches Anzeichen.
Wie das Erwerben, das Lernen, das sich Aneignen von
Tatsachen, kann zwar inszeniert werden, aber letzten Endes ein
unbewuszter Vorgang bleibt, so auch die Anwendung (application)
des Tatsachenwissens zum Handeln. Ach, wir waehnen ja ueberall
das Bewusztsein, und wenn wir es naeher untersuchen und
Rechenschaft von ihm haben wollen, dann ergibt es sich, dasz die
vermeintlich bewuszte Handlung doch unbewuszt geschah. Die
Projektion des Bewusztseins auf die verschiedenen geistigen
Handlungen ist eine Taeuschung nicht unaehnlich und sicherlich
verwandt mit der Taeuschung vom freien Willen.
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