19991019.00
Es ist bemerkenswert, wie sich mein Verstaendnis der
Geistesgeschichte deren Erbe ich bin im Verlauf (in the process)
meines Lebens verwandelt. Als junger Mensch unterthielt
(entertained) ich die Vorstellung einer von Vernunft und Wert
beherrschten Welt. Dies ist seinem Wesen gemaesz (im Grunde)
eine religioese Haltung. Inbegriffen ist die Voraussetzung eines
guten wohlwollenden die Welt regierenden Gottes; und die Werke
der Kunst, die Errungenschaften des Geistes, als Ausdruck seiner
Vorsehung. Es war eine idealistische Vorstellung mit welcher ich
mir die Verloren und Verlassenheit, die Armut, the destitution,
des Lebens verhuellte.
Dabei entging mir, in welchem Masze die Welt ueberhaupt als
Vorstellung verstanden werden musz. In dem Moment, indem sich
meine Welt mir als ein Vorgestelltes dartut, loest sich die
Problematik der Geistesgeschichte; denn auch diese ist (nur)
meine Vorstellung, ist ein Spiegelbild dessen das ich von ihr
erwarte und benoetige. Und wenn sich nun meine Vorstellungen
aendern, so passen (gehoeren, harmonisieren) diese Aenderungen zu
den Gegebenheiten meiner jeweiligen Lage. Vielleicht stet die
Tatsache, dasz ich den unbedingten Welt der Geistesgeschichte
leugne (verneine, deny) im Zusammenhang mit jener anderen
Tatasache, dasz ich in diese (Geistesgeschichte) nicht
aufgenommen worden bin, und dasz keine Aussicht besteht, dasz ich
je in sie aufgenommen werde. Also noch einmal, mit Nietzsche,
wenn es Goetter gaebe, wie hielte ich es aus, kein Gott zu sein.
Also gibt es keine Goetter.
Andereseits gilt auch die Tatsache des selbst nich
aufgenommen werdens als Beweis ihres Nichtseins. Denn genauer
betrachtet trug schon die Vorstellung einer idealen, oder
idealisierten Geistesgeschichte die Voraussetzung der
Moeglichkeit sich an ihr zu beteiligen und in ihr ein zu Hause zu
finden. Entdeckt man, dasz man selbst ausgeschlossen ist, so
verfluechtigt sich der Zauber. Die Familie der man angehoert,
ist eine qualitativ andere als die Familie an der man teilnimmt.
Die Subjektivitaet ist doch die Wahrheit.
Die Subjektivitaet ist die Wahrheit. Die Objektivitaet ist
eine Illusion; und die Behauptung dasz die Objektivitaet die
Wahrheit sei, ist eine Luege.
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