20000604.00
Der Begriff Kriegsverbrechen enthaelt in sich die
widervernuenftige Voraussetzung, dass der Krieg selbst, der Krieg
an sich, kein Verbrechen sei. Somit dient der Begriff
Kriegsverbrechen einen vermeintlich nicht verbrecherischen Krieg
zu rechtfertigen.
Der Soldatenstand und das Soldatenschicksal, welche
allgemein als ethisch unangreifbar, wenn nicht gar als tugendhaft
bewertet werden, veranschaulichen die grobe (crass) unentwirrbare
Problematik jeglichen Vernuenftelns ueber die Ethik, ueber was
gut und was schlecht genannt sein sollte. Wer wird sich von der
Verherrlichung des Krieges als etwas Gutem ueberzeugen lassen?
Wie entflieht man der universellen Schlechtigkeit die man
erkennen muss, wenn man die Welt ehrlich und gewissenhaft
betrachtet?
Die letztlich einzig folgerichtige und ueberzeugende
Erklaerung der Ethik ist, als ein umfangreiches
gesellschaftliches Uebereinkommen welches die Handlungsweisen der
einzelnen Menschen bestimmt (kontrolliert, steuert) zu dem Zweck
und Ziel das Ueberleben (survival) des Einzelnen und der
Gesellschaft ersprieszlich oder auch nur moeglich zu machen; dies
aber in weitester Perspektive und Umfang; und dass letzten Endes
keine, oder kaum eine Tat erdenklich ist, welche nicht unter
Umstaenden als ethisch Wertvoll umgedeutet zu werden vermag. Zum
Beispiel, waere es nicht tugendhaft einen Menschen umzubringen,
wenn mittels dieses Opfers der Tod von zehn anderen verhuetet
werden koennte? Ich weisz es nicht, ich frage nur.
Das ethische Kernerlebnis ist die Verinnerlichung der
Gesellschaftsforderung, auf dass der Mensch nicht nur seine
gesellschaftliche, sondern vor allem seine individuelle Existenz
als bedingt von der Bewahrung ethischer Maxime erlebte
(betrachte).
Es ist eine weiteres bedeutende Eigenschaft der Ethik, dass
sie sprachlich gebunden ist: dass es keine ethischen Werte
auszerhalb, unabhaengig von oder jenseits des Sprachlichen zu
geben scheint; und in dieser Hinsicht ist Ethik durch und durch
legalistisch. Was nicht ausgesprochen ist, oder was nicht, zum
mindesten ausgesprochen zu werden vermag entbehrt ethischer
Bedeutung; oder umgekehrt (conversely), eine Handlung ist ethisch
bedeutsam, nur insofern sie sich in der Sprache widerspiegelt.
Das ethische Bewusztsein, das Gewahrsein (the awareness)
ethischer Verpflichtungen, ist ein wesentliches Band zwischen dem
Einzelnen und seiner Gesellschaft. und das Ringen um die Ethik,
die gedankliche Forschung um das was er zu tun und zu lassen hat,
ist der Versuch des Einzelnen sich eine ihm vertraegliche
Gesellschaft zu gestalten (konstruieren); denn letzten Endes ist
Gesellschaft ja auch Vorstellung; das besagt nicht, dasz
Gesellschaft nicht wirklich sei, sondern dasz ihre Wirksamkeit
auf den Einzelnen von dessen Verstaendnis, von dessen Vorstellung
mitbestimmt wird.
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