20000813.00 Die Schluszfolgerungen, dasz die symbolischen Formen tatsaechlich erkenntnismaeszig wirksam sind, und dasz diese Wirksamkeit in der strukturellen Beschaffenheit, in der molekulaeren Gestalt des Nervensystems, des Koerpers, eine physische Begruendung haben muesse, selbst wenn der gegenwaertige Stand der Wissenschaft weit entfernt ist diese Gestalt zu demonstrieren, diese Schluszfolgerungen scheinen, wenn man sie oberflaechlich bedenkt, eine Rueckfuehrung, eine Reduktion des Geistigen auf das Koerperliche, auf das Materielle, eine Reduktion des Subjektiven auf das Objektive zu bedeuten. Die Ohnmacht dergleichen Reduktionen ist in der Geistesgeschichte der letzten dreihundert Jahre so vielfaeltig erwiesen, dasz es eine gewisse Stumpfheit bezeugen wuerde ein weiteres Beispiel anzufuehren, welches mutmaszlich zu beweisen schiene dasz am Ende die Seele doch "nichts als" (nothing but) eine Erscheinung des Koerpers ist. Diese vermeintlich Rueckfuehrung des Geistigen auf das Koerperliche ist jedoch kein gueltiges, es ist nur ein Scheinproblem, welches ich bei dieser Gelegenheit beseitigen moechte. Der Zwiespalt zwischen Seele und Leib, zwischen Geist und Koerper, zwischen Subjektivitaet und Objektivitaet entspringt dem Wesen des Bewusztseins. Es vermag weder durch Schluszfolgerungen geschaffen oder vergroeszert (augmented) zu werden, noch mag es durch Schluszfolgerungen vermindered (diminished) oder beseitigt zu werden. Angenommen die Molekularphysik wuerde tatsaechlich die Struktur symbolischer Formen physikalisch demonstrieren, so waere damit die Subjektivitaet des Denkens, die Subjektivitaet des Erkennens nicht mehr behoben, beseitigt oder auch nur erklaert, als die Subjektivitaet des Sehens dadurch beeintraechtigt ist, dasz man die Strukturen des Augapfels, der Netzhaut oder des optischen Nervensystems mit wachsend groeszerer Praezision zu beschreiben vermag; als die Subjektivitaet des Hoerens dadurch beeintraechtigt ist, dasz man die Strukturen des Innenohrs, der Cochlea oder des akustischen Nervensystems zu beschreiben vermag. In welchem Masze das Ich vom Koerper, in welchem Masze die Subjektivitaet von der Objektivitaet, in welchem Masze der Geist vom Stoff anhaengig oder unabhaengig sein moechte, das ist eine Frage nicht des Wissens sondern des Glaubens. Der menschliche Koerper als die sterbliche Huelle einer unverweslichen Seele ist die Behauptung der Philosophie Platons ebenso wie der christlichen Glaubenslehre, daran die molekulare Anatomie so wenig zu ruetteln vermoegen wird, wie die sezierende Anatomie der Renaissance (gross anatomy) daran geruettelt hat. Die Erwartung, dasz die Existenz der Seele (oder, for that matter, die Existenz Gottes,) von wissenschaftlicher Forschung bewiesen oder widerlegt werden moechte, beruht auf einem Miszverstaendnis dessen was diese Begriffe dem Menschen bedeuten. * * * * *

Zurueck : Back

Weiter : Next

Index 2000

Website Index

Copyright 2005, Ernst Jochen Meyer