20001106.00
Wesentliche Ergebnisse eines Studiums der kantschen
Philosophie: Die kopernikanische Wendung, der kategorische
Imperatif, und nicht zuletzt, der Zauber und die Zaehigkeit
(Beharrlichkeit) des Unverstandenen, des Unverstehbaren. Die
kopernikanische Wendung: eine tiefe Einsicht in die Natur des
menschlichen Gemuets. Der begriffliche Apparat der diese Wendung
beweisen, bestaetigen, erklaren soll, ein peinliches
(embarrassing) unbegruendetes und unbegruendbares Durcheinander.
Jedenfalls eine Erklaerung fuer die Verlockung des (noch)
nicht Verstandenen, ist das universelle Erlebnis des Lernens.
Das Leben des Geistes ist eine Reihe von noch nicht verstandenen
Vorstellungen, Vorstellungen welche hernach zu groszer Genugtuung
doch verstanden werden. So erlebe ich die kantsche Philosophie,
in der Hoffnung und inbegriffenen Erwartung sie eines Tages doch
zu verstehen, aber verstanden habe ich sie noch nicht.
Man unterscheide zwischen dem Drang zu verstehen und der
Behauptung, sich selbst und andere taeuschend, dasz man das
Unverstaendliche verstanden hat, wie in Andersens Maerchen von
den Kaisers neuen Kleidern.
Eben dies, dasz sich der Mensch im Zwielicht zwischen
Nichtwissen und Wissen befindet veranlaszt ihn zu der Annahme,
dasz die Welt erkennbar ist, dasz alles in der Welt, auch die
kantschen Formeln Sinn und Wirklichkeit besitzen, welche zu
entdecken, welche festzustellen ihm obliegt. Das Ringen um die
Intelligibilitaet seiner Welt ist ein integraler Bestandteil
seines Lebenstriebes, des Selbsterhaltungstriebes.
Wie laeszt sich das Unverstehbare von Unverstandenem
unterscheiden? Eben dadurch dasz man es an den Merkmalen der
Unverstaendlichkeit erkennt.
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Das Unverstandene ist dem Einzelnen ein Sporn, ein scharfer
Stachel.
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