20010122.00 Das Cartesische Cogito ergo sum wird im allgemeinen (gewoehnlich gemeiniglich) als "Ich denke, also bin ich", uebersetzt. Aber woran ist es, dasz ich denke? Sollte der Satz auch gelten, wenn ich an garnichts denke, wenn ich lediglich meiner selbst bewuszt bin? Ist es moeglich, lediglich seiner selbst bewuszt zu sein; oder ist alles Bewusztsein, Bewusztsein von etwas, waere dann das Denken nicht auch denken an etwas? Wenn ich mir eines Kaefers bewuszt bin, wenn ich einen Kaefer denke, so besagt dieser Gedanke doch keineswegs die Existenz oder gar die Beschaffenheit des Kaefers. Es entspricht nicht meinen Erfahrungen dasz alles Denken, wie Descartes behauptet, mit dem Bewusztsein meiner selbst behaftet ist. Im Gegenteil, je intensiver, je lebhafter das Denken, desto weiter entfernt es sich von dem begleitenden (concomitant) Bewusztsein meines Ich, so dasz ich in der Ekstase, buchstaeblich und (sinn)bildlich) "auszer" mir bin, dasz ich mich selbst vergesse. Es musz also ein bestimmtes besonnenes Denken, eine nach innen gerichtete Meditation sein, welche mir meine Existenz bestaetigt, ein Bewusztsein welches zwar psychisch (psychologisch) in der Gegenwart des Augenblicks geschieht; von welchem jedoch bewiesen werden kann, dasz es eine meszbare Dauer hat. Zwar bleibt das Ausmasz dieser Dauer unbestimmt; es ist, wie mir scheint, eine Funktion der Geisteskraft (a function of mental activity) welche in weit auseinanderliegenden Grenzen schwankt, bis es in einem Extrem in das Gedaechtnis, in die Erinnerung uebergeht, und dort verschwindet. Es liegt auf der Hand, dasz das Cartesische Bewusztsein welche die Existenz des Ich verbuergt sich nicht auf ein Gewahrsein des Ich beschraenken laeszt, sondern dasz es sich ausdehnt, dasz es als elastisch vorgestellt werden musz, und dasz die Bestimmung (Definition) der Grenzen binnen denen das Cartesische Bewusstsein wirkt von groszer theoretischer und moeglicherweise auch von einiger praktischen Bedeutung ist. Was wenn es zum Beispiel die Iteration, das reine Nacheinender, sagen wir dreier Instanzen in sich schloesse; dasz es sinnvoll waere zu behaupten ich bin mir nicht nur des Einen, sondern auch des Zweiten und des Dritten zugleich bewuszt, oder etwa der vier Eingangstoene der Beethovenschen Fuenften Symphonie. Aber grundsaetzlicher noch, wenn ich den Ton "A" hoere, der aus 440 Schwingungen in jeder Sekunde besteht so ist es soch offensichtlich dasz, um diesen Ton festzustellen zwar nicht eine volle Sekunde lang, aber doch 44 oder 22 oder 11 dieser Schwingungen nacheinander in _einem_ Bewusztseinsgriff zu vernehmen moeglich (faehig) sein musz. Ich schlieze, dasz die Reihe der natuerlichen Zahlen im Nacheinander des Bewusztseins ihren (unveraeuszerlichen) Sitz hat. Die Erfindung der rationalen, irrationalen und imaginaeren Zahlen darueber hinaus mag gelten als Ausdruck der menschlichen Denkfaehigkeit in einem speziellen gesellschaftlichen Zusammenhang welcher weiterer Erlaeuterng bedarf. * * * * *

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