20010125.00
Die Mathematik beansprucht unbedingt gueltig zu sein;
und dies ist ihre bezeichnende Eigenart: ist der Zwang der
Gueltigkeit. Vom Schueler wird verlangt nicht nur die
korrekte, die richtige Antwort zu liefern; es wird auch von
ihm verlangt die Gueltigkeit dieser Antwort nachzuempfinden
und zu bestaetigen. Es gibt immer nur _eine_ richtige
Antwort. Wer behauptet 1+1=10 wird als unzurechningsfaehig
abgewiesen. Woher ruehrt dieser Zwang? Dieser Zwang hat
zwei Quellen. Die erste Quelle dieses Zwanges entspricht
der allgemeinen (generally held) Ueberzeugung dasz die
Gueltigkeit der Mathematik auf einer natuerlichen
(naturhaften, naturgemaeszen) Notwendigkeit beruht. Im
weitesten Sinne ist dies ganz sicherlich der Fall. Im
engeren Sinne aber ist der Zwang auch ein
gesellschaftlicher, oder ist jedenfalls durch die
Gesellschaft vermittelt. Es ist wichtig zu verstehen, wie
dieser Zwang ausgeuebt wird (und sich ausuebt).
Dasz der Glaube an die Gueltigkeit des mathematischen
Satzes tatsaechlich das Gemuet des Glaubenden verwandelt und
ihm das anbefohlene Geglaubte als Naturnotwendigkeit
erscheinen laeszt. In welchem Masse aber ist dieser Glaube
Folge des Gesellschaftszwanges und in welchem Masse ist er
Folge einer naturgegebenen Notwendigkeit? Ich glaube nicht,
dasz man diese Einfluesse unterscheiden kann: denn die
Naturnotwendigkeit verursacht den Glauben; und das
Geglaubte, weil und insofern es geglaubt ist, wird auf Grund
der Tatsache dasz es geglaubt ist, zur Naturnotwendigkeit.
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