20010504.00 Es ist mir unmoeglich der Widerspruechlichkeit des Denkens zu entkommen. Nur das konsequenzlose Denken ist vom Widerspruch frei. Der Prall auf einen unloesbaren Widerspruch ist vielleicht das sicherste Zeichen der Triftigkeit (der Gueltigkeit) des Gedachten. Der Sinn des Denkens besteht nur in beschraenktem Masse in seinen Ergebnissen, am wesentlichsten aber in seiner Entwicklung, in seinem Fortgang. So etwa die Deutung meines Denkens als fortwaehrendes Erleben, und dementsprechend menschlichen Denkens im allgemeinen, als nie ruhendes, nie abgeschlossenes Erleben des Einzelnen. Zugegeben, dies menschliche Erleben ist, auszer dem eigenen Erleben, unerreichbar. Dennoch musz es als Gegebenheit betrachtet werden. ich mag nicht schreiben als biologische, psychologische, oder physiologische Gegebenheit, denn diese Ausdruecke alle sind mit unannehmbaren Voraussetzungen und Vorbedeutungen belastet. Es gilt das Leben, das Erleben, ohne Voraussetzungen, ohne Vorbedeutungen sich im Denken spiegeln zu lassen. Tut man dies, so wird notwendigerweise jegliche Unbedingtheit des Gedachten aufgehoben, die Unbedingtheit des Denkens aber umso dringender betont. [Die Unmittelbarkeit des Denkens und die Mittelbarkeit des Gedachten waeren dann die voraussetzungslose Annahme.] Das Denken ist unmittelbar. Das Gedachte ist als Ausdruck des Denkens gleichfalls unmittelbar; Das Gedachte ist aber mittelbar als Abbild der Wirklichkeit. Zur Wirklichkeit steht das Gedachte in einem mittelbaren Verhaeltnis, das heisst, es zeigt auf (weist auf) eine Wirklichkeit welche zu erreichen ihm unmoeglich ist. Dass das Gedachte nicht die Wirklichkeit sein kann, ist offensichtlich. Zwischen dem Gedachten und dem Wirklichen ist eine uneberbrueckbare Kluft. Dennoch wird das Gedachte mit der Wirklichkeit verwechselt; denn das Gedachte ist Mimesis, ist Nachbildung der Wirklichkeit. Diese Nachbildung kommt zustande dadurch, dass das Denken (und die Wahrnehmung als eine Art des Denkens) sich mehr oder weniger getreu an der Wirklichkeit formt, sich an ihr gestaltet, und durch sie gesteuert wird. Wenngleich das Gedachte nur eine Mimesis (Nachbildung) der Wirklichkeit ist, so ist das Denken selbst doch ein wirklicher Vorgang, ein Teil der Wirklichkeit, Und als ein solcher Teil steuert und kontrolliert sich das Denken selbst. Das Denken kontrolliert und steuert sich indem es das neu Gedachte in das Erinnerte einstuft, dasz es das juengst Gefundene dem Geflecht des Erfahrenen und Erlernten vergleicht, es mit ihm vereinbart, in Einklang bringt und somit ein neues Gedankengefuege entwickelt, welches die Resultante von Altem und neu Hinzugekommenen ist. Dementsprechend naehert sich das Gedachte der Wirklichkeit in asymptotischer Weise und ist dementsprechend unfaehig die Wirklichkeit jemals zu erreichen. Eine Wirklichkeit die unerreichbar, die ungreifbar ist, bleibt eine Annahme, eine Hypothese, eine heuristische Erfindung, welche dazu dient der verhaeltnismaessigen Wirksamkeit des Gedachten, ungeachtet seiner offenbaren (obvious) Unzulaenglichkeit Ausdruck zu geben. Wohl bemerkt dabei, dass unser Denken wie wir es erleben fragmentarisch ist, durch Ablenkung und Vergessenheit unterbrochen, dass es immer wieder neu ansetzen muss: und dass das Ueberschlagene und Ausgefallene idealisiert und mit Idealen ueberbrueckt wird. Das Ideal aber ist nicht die Wirklichkeit. Das Erste und Unmittelbarste welches vom Denken idealisiert wird ist es selbst. Aber diese Idealisierung des Denkens ist dann wahrlich nur der Anfang. Ist der Vorgang (Prozess) der Idealisierung erst einmal erkannt und verstanden, dann wird es offensichtlich, dass die Idealisierung wie ein geistiges Beharrungsvermoegen wirkt, welches die fragmentarischen abgebrochenen bruchstueckartigen oder stossartigen Denkimpulse verdichtet, konsolidiert. Denn alles Ganze, alles Abgeschlossene ist Synthese, ist Ideal. Die Vollstaendigkeit des Ideals Das Idealisierte in seiner Vollstaendigkeit wird nie erlebt sondern immer nur vorgestellt. ist nicht Erlebnis sondern Vorstellung. Um verstanden zu werden muss alles Erlebte idealisert werden. Indem es verstanden wird, wird was Wahrgenommene idealisiert, so wie die visuelle Wahrnehmung in der synthetischen Vorstellung der Gestalt idealisiert wird. Die Welt die wir kennen, in der wir uns auskennen ist die idealisierende Vorstellung eines jeden Einzelnen, eine Vorstellung welche sich von Stunde zu Stunde von Jahr zu Jahr wandelt und verwandelt. Der Mensch verstaendigt sich ueber seine Vorstellung, in muendlicher und schriftlicher Mitteilung mit anderen. Die Zivilisation, die Kultur, die Wissenschaft ist ein Gewebe solch tatsaechlicher und moeglicher (potentieller) Mitteilungen. Die Bibliotheken sind vollgeprfropft damit. Die eigentliche philosophische Aufgabe ist die Vorstellung einzusehen fuer was sie ist. Alles und jedes vermeintliche positive Wissen muss immer wieder auf seinen Anker im Bewusstsein zurueckgefuehrt werden. Das ist die Cartesische Reduktion, wie ich sie verstehen. * * * * *

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