20010526.00 Es mag dahin gestellt bleiben, was es bedeutet eine wissenschaftliche Tatsache, eine wissenschaftliche Schlussfolgerung, eine wissenschaftliche Theorie zu begreifen. Selbst wenn und insofern dies moeglich waere, ist es dennoch dem Einzelnen unmoeglich auch nur einen kleinen Bruchteil der gesammten wissenschaftlichen Erkenntnis zu erfassen. Nichtsdestoweniger rechnet er mit ihr, verlaesst sich auf sie, ist bereit ihren Inhalt glaubensvoll zu bestaetigen. Diese Betrachtung eroeffnet die (weitere) Frage, wie sich das vermeintliche unerlebte unverstandene unbegriffene aber dennoch geglaubte wissenschaftliche "Tatsachenwissen" zu jenen anderen vermeintlichen Tatsachen verhaelt welche das Gemuet des einzelnen besetzen (occupy) und bewegen. Ich denke dabei vorerst an die Historie, Geschichte, Erzaehlung von dem was einst gewesen, und erstaune dass man (etwa Dilthey) sich unterfangen hat das Erzaehlen, diesen unwissenschaftlichsten aller geistigen Vorgaenge, als Wissenschaft darzustellen (auszuputzen). Ist doch die Geschichte nichts mehr oder weniger als die Aufzaehlung (Erzaehlung), die Aussage der Erinnerten, ein Nachaussenkehren des Gedaechtnisses, etwa wie man seine Taschen nach aussen kehrt um ihren Inhalt zu veraeussern. Die wissenschaftliche, die anspruchsvolle Geschichte unterscheidet sich von der einfachen, von der naiven, darin, dass die naive Geschichte sich auf selbst Gesehenes, auf selbst Gehoertes, auf selbst Erlebtes beschraenkt, indes die wissenschaftliche Geschichte meint sich auf schriftliche oder muendliche Zeugnisse anderer stuetzen zu koennen. Demzufolge wirkt sie ein reiches weitreichendes Gewebe, (a far-reaching multifarious web) welches (oft) seine Wurzeln im individuellen Vorstellungsvermoegen verdeckt, nichtsdestoweniger aber aufs engste an dies individuelle Vorstellungsvermoegen gebunden ist. Auch die sogenannte Naturwissenschaft hat ihre Wurzeln im individuellen Vorstellungsvermoegen, aber hier ist die Beziehung zum Vorstellungsvermoegen eine weit lockerere. Denn die Naturwissenschaft ist stets bereit die Vorstellung der Wirksamkeit zu opfern. Sie ist weniger auf das Vorstellungsvermoegen als auf die Wirksamkeit ihrer Begriffsgebilde eingestellt. Diese Wirksamkeit hat zwei Phasen: 1) eine innere Phase durch innere Folgerichtigkeit (Uebereinstimmung, internal consistency) bezeichnet, und 2) eine aeussere Phase durch Handlungsermoeglichung bezeichnet. * * * * *

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