20010531.00
"Der Geist hilft unserer schwachheit auf, denn wir
wissen nicht was wir beten sollen."
Jedes Schulkind, geschweige denn jede Lehrerin, weiss
was man tun muss, mas man tun darf, und was man nicht tun
darf, was man tun soll, und was man nicht tun soll. Ab und
zu findet man (auf den Universitaeten) einen Menschen der
sich nicht gedrungen fuehlt zu behaupten, dass er alles
wissenschaftliche weiss, der aus seinem wissenschaftlichen
Nichtwissen der aus seinem Nichtwissen in Sachen der
Wissenschaft eine Tugend macht und dem es tatsaechlich
geling einen beruflichen Vorteil aus dieser Tugend zu
ziehen. Aber dass man einen Menschen faende der zugaebe,
oder gar behauptete, dass er nicht wisse was ihm zu tun
gebuehre, dass er nicht wisse was das Gute sei, das ist
unerhoert. Und doch, wenn ich diese Fragen an mich selbet
stelle, erfahre ich sofort, dass ich die antwort nicht
weiss, dass ich das was ich tue oder getan habe als das Gute
bezeichne, eben weil ich es tue oder getan habe. Und andere
Menschen, soviel ich sie beobachten kann, verfahren in
aehnlicher Weise.
Dass es keiner weiss, ergibt sich ja schon aus den
Betrieben der Religioskundigen und der Rechtsanwaelte,
welcher jeder auf eigene Weise und auf seinem (respective)
Gebiet, den Menschen erklaert was sie tun und lassen
muessen.
Konfuser noch werden die Fragen in der oeffentlichen
Besprechung, Debatte, darueber, in der Politik, wo die
Menschen meinen einander vorschreiben zu sollen, was sie tun
und lassen muessen, vorgeblich um das allgemeine Wohl zu
foerdern, tatsaechlich aber um ihre eigenen Interessen zu
foerdern. Man kann den Schluss nicht vermeiden, dass es
zwar Ideale, Phrasen, Worte gibt welche das Wuenschenswerte
bezeichnen: dass der einzelne Mensch aber von Tag zu Tag,
von Stunde zu Stunde, von Augenblich zu Augenblick, nicht
weiss was er tun soll. Und tut doch so als ob er es genau
wuesste.
Dieser Widerspruch, dieses Paradox, scheint mir ist
der Kern des ethischen Problems: dass der Mensch meint
sinnvoll handeln zu muessen, dass er aber im Moment des
Handelns seine Handlung nicht zu erklaeren, nicht zu
rechtfertigen vermag; dass er eben so handelt weil er es so
will.
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