20010730.03
Man hat den Zweck des Denkens als Suche nach der
Wahrheit bezeichnet, und Wahrheit als den Lohn, the reward,
als das Ergebnis des Denkens. Dies ist offenbar ein
Missverstaendnis, denn noch kein Denker hat die Wahrheit
entdeckt, kein Suchender nach Wahrheit hat sie gefunden.
Und dennoch ist etwas daran, and yet there is something to
it, insofern jedenfalls als das Denken ein konstruktives,
ein erbauendes Ergebnis fuer den Denkenden zu haben vermag.
Insofern das Denken ein Ueben ist, steigert die Uebung
die Faehigkeit des Einzelnen zu denken; es schaerft aber
auch sein Urteil, befaehigt ihn zu erkennen, was er sonst
nicht erkannte, zu sehen, was er bisher nicht sah, zu
hoeren, was er bisher nicht hoerte, und zu denken was er
bisher nicht dachte. Und somit befaehigt es ihn, zu
leisten, was er bisher nicht leisten konnte, zu ertragen was
ihm bisher unertraeglich war; es macht ihn faehiger und
geistig kraeftiger als zuvor; und in sofern es dieses tut,
erweitert und vertieft es seine Persoenlichkeit.
Man sieht ja alle Tage, wie die Menschen die ihren
Koerper schaetzen, diesen mit Leibesuebungen pflegen, mit
Dauerlauf und Turnen und Schwimmen, und wenn meine
Darstellungen fuer einen kuenftigen Leser einen Wert
besitzen, so liegt dieser Wert darin, dass sie ihm eine
WAhrheit mitteilen, sondern dass das Lesen und Verstehen
dieser Aufsaetze an sich schon eine moeglich wertvolle
Uebung ist, eine Uebung welche umso wertvoller ist als der
Leser nicht nur strebt die gebotenen Gedanken zu verstehen
und nachzudenken, sondern in natuerlicher von selbst sich
ergebender Auseinandersetzung mit ihnen, die eigenen
Gedanken zu entwickeln.
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