20010806.00 Das Ziel (the aim) der Geschichte, bezw. Geschichtsschreibung ist die Vorstellung welche der Mensch oder die Menschen von der Gegenwart haben auf die Vergangenheit auszudehnen. Dieser Versuch gelingt, oder scheint zu gelingen, weil tatsaechlich die Vorstellung der Gegenwart, die Vorstellung des Gegenwaertigen, auch geschichtlich ist, und weil wir tatsaechlich auch zur Gegenwart keine Beziehung haben anders als der historischen. Wie unterscheide ich zwischen Vergangenheit und Gegenwart? Diese Frage ist der Schluessel zum Wesen meines Erlebens. Denn alle Gegenwart ist schon Vergangenheit, und der Sinn der Geschichte ist die Vergangenheit in ein gegenwaertiges Erleben, in eine quasi oder Pseudogegenwart zu verwandeln. Wie unterscheide ich also, um die Frage genauer zu formulieren, die Pseudogegenwart der Vergangenheit, von der echten Gegenwart welche nicht Vergangenheit ist, wenn es ueberhaupt eine solche echte Gegenwart gibt? Es ist dienlich diese Frage mit der schopenhauerschen Unterscheidung von Wille und Vorstellung zu beantworten. Das Erleben im Bereich des Willens ist Gegenwart. Das Erleben im Bereich der Vorstellung ist Vergangenheit. Paradoxerweise ist in einer Hinsicht die Vergangenheit uns zugaenglicher als die Gegenwart. Denn die Vergangenheit ist der Vorstellung zugaenglich; die Vergangenheit wird mittels ver Vorstellung begriffen. Die Gegenwart aber liegt in einem anderen Bereich, liegt nicht in der Vorstellung, vermag nicht Vorgestellt zu werden, denn was vorgestellt wird ist immer schon Vergangenheit, wird, wenn man es physiologisch-physikalisch ausdruecken will durch den time lag den sie erfordert zur Vergangenheit. Die Gegenwart wird also nicht vorgestellt, vermag nicht vorgestellt zu werden, liegt ausserhalb des Bereiches der Vorstellung. Die Gegenwart liegt aber nicht ausserhalb des Bereiches des Bewusstseins. Es ist das Bewusstsein des Geschehens ausserhalb des Rahmens der Vorstellung welche mir die Gegenwart vergewissert. Mit anderen Worten, Gegenwart ist das Bewusstsein des Geschehens das aber nicht oder noch nicht vorgestellt ist, das in seiner Unmittelbarkeit garnicht vorgestellt zu werden vermag. Was aber nun ist das Bewusstsein des Geschehens. Wie vermag ich diesem Bewusstsein naeher zu kommen, wie vermag ich dieses Bewusstsein, das nicht Vorstellung ist und das nicht vorgestellt zu werden vermag, begreifen. Ich kann mir vorstellen, dass ich einen Schmerz haben werde, aber was ein Schmerz ist, das kann ich nur wissen indem ich ihn erlebe. Habe ich erst einen Schmerz erlebt, so vermag ich mir vorzustellen so mag ich mir in der Vorstellung den Schmerz zu vergegenwaertigen vermag micht des Schmerzes als Vergangenheit zu erinnern. Der vorgestellte Schmerz aber ist voellig unterschieden von dem unmittelbar gegenwaertig erlebten Schmerze. Wir meinen, dass uns die Gegenwart die Gelegenheit zur Handlung gibt, waehrend das Vergangensein des Geschehens unser Handeln, unsere Einwirkung auf das Geschehene ausschliesst. Als Gegenwart betrachte (beurteile) ich, was mir Gelegenheit zur Handlung gibt. Die Handlung ist nur in der Gegenwart moeglich. Die Handlung geschieht ausserhalb des Rahmens der Vorstellung, und ist deshalb spontan, unueberlegt, unpremeditated. Die Handlung ist nicht Ergebnis der Vorstellung; sie ist Ergebnis der Umstaende, sie ist von der Situation erzwungen. Die Handlung kann nur im Rueckblick vorgestellt werden; oder vielleicht auch in der Erwartung. Die vorgestellte Handlung liegt in der Vergangenheit. Die vorgestellte Handlung aber ist unecht. Sie stellt sich als die Wirkung des freien, ungebunden Willens dar. Die Zukunft ist eine Vorstellung sehr aehnlich und durchaus vergleichbar mit der Vorstellung der Vergangenheit. Die Struktur der Zukunftsvorstellung unterscheidet sich von der Vergangenheitsvorstellung, in the nature of its determinants. Die Vergangenheitsvorstellung wird durch Erinnerung, durch assisted memory, conceptual memory, substitute memory gestaltet. Die Zukunftsvorstellung wird durch Erwartung und durch geschulte, disziplinierte Erwartung gestaltet. * * * * *

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